Claude Monet Zimmer Gemälde

Der Einfluss von ZEISS Gläsern auf das Schaffen des Künstlers Claude Monet.

Claude Monet war das Gesicht des Impressionismus. Dem französischen Künstler fehlte es trotzdem zunächst an Anerkennung und Einkommen. In seiner späten Schaffensphase litt er außerdem am Grauen Star. Aber er gab nie auf: Malte die Welt weiter, wie er sie sah – bis er fast erblindete. Eine Brille mit Gläsern von ZEISS half ihm schließlich, die Welt wieder in Farbe zu sehen.

Claude Monet Tisch in chromgelben Raum

Im Esszimmer liegt eine schlafende Katze. Sie schnurrt nicht, denn sie ist aus Porzellan. Kutani Porzellan. Alles ist gemütlich in Claude Monets Wohnhaus. Im Esszimmer, mit Platz für zwölf Stühle am Tisch, dominiert ein sattes Chromgelb den Raum. Entfacht von der Tapete, „ganz vergoldet von der Sonne, die die Rosenbögen vor dem Fenster durchdringt“, wie es der Schriftsteller Marc Elder beschrieb, nachdem er Monet besucht hatte. Ein warmes Flutlicht. Die Katze ist Monet heilig gewesen, sie war sein Lieblingsstück. Weil man sie beim Anfassen sofort erkannte, auch wenn man sie nicht sehen konnte.

Claude Monet Japanische Katze Kamin

Das Sehen im Allgemeinen und die Sicht auf die Dinge im Speziellen – beides war prägend für Claude Monet (1840 bis 1926). Die Impressionisten wollten das Sichtbare und das Verborgene zeigen. In Momentaufnahmen. Der eigene Blick und die Introspektive waren zentral. Dass Monet selbst am Grauen Star litt, dieser eigene Blick in Gefahr war, machte ihm große Angst. Das zeigen seine Briefe und Aufzeichnungen. Doch man konnte ihm helfen. Mit einer Augen-OP und einer Brille.

Im Video: Der Zauber von Claude Monet

Marianne Mathieu Musée Marmottan Monet vor Gemälde

Marianne Mathieu, wissenschaftliche Direktorin des Musée Marmottan Monet in Paris

Kunst für die Zukunft

Claude Monet wird als der eine Impressionist wahrgenommen. „Als großer Meister ist er schon von seinen Zeitgenossen, auch den anderen Impressionisten, verehrt worden. Er war auch ein Vater der abstrakten, modernen Kunst“, sagt Marianne Mathieu, die wissenschaftliche Direktorin des Musée Marmottan Monet in Paris.  

Draußen ist es warm, ein leichter Wind kühlt das Gesicht wie ein Fächer. Drinnen ist es ruhig. In der Dauerausstellung hängt das Bild, das als Geburtsstunde des Impressionismus gilt: „Impression“ von 1872, „Eindruck“, es zeigt den Sonnenaufgang vom Hafen in Le Havre aus gesehen. Eines der wertvollsten Gemälde der Welt. In dieser Zeit war Monet bereits bekannt, hatte dennoch ständig Geldsorgen. Als Jugendlicher hatte er noch mit Karikaturen viel verdient. In einem Brief an seinen Malerfreund Frédéric Bazille schreibt Monet etwa: „Ich hätte nie gedacht, dass du mich so im Stich lassen würdest.“ Und: „Schicke mir das Geld, so schnell du kannst.“ Kunsthistoriker sagen, Monet sei ein Lebemann gewesen. Am liebsten aß er Waldschnepfen mit Spargel. Aber er wollte auch Verantwortung übernehmen für seine Frau Camille, die ihm Modell war, Muse und schließlich Ehefrau. Mit ihr hatte er zwei Söhne. Wie sollte er sie durchbringen? Erst recht, da sich sein Sehen peu à peu verschlechterte?

Dr. Dorothea Entrup, Museum Barberini Potsdam und Monet Expertin

Frau Dr. Dorothea Entrup, Museum Barberini Potsdam und Monet Expertin

Im Gespräch über den Maler, den Einfluss des Sehens auf sein Schaffen und wie er zum Gründungsvater des Impressionismus wurde.

  • Gemälde Sonnenaufgang, 1872 von Claude Monet

    Impression: Sonnenaufgang, 1872 von Claude Monet, Musee Marmottan Monet, Paris, France

Der Garten: Inspiration für den Durchbruch

Am Ende bekam Monet zu Lebzeiten doch noch die Anerkennung, die er verdiente. Seine Ausstellungen in den großen Pariser Galerien waren erfolgreich; er verkaufte viele Bilder, konnte sich schließlich 1890 ein Haus in Giverny kaufen, nordwestlich von Paris. Er legte über die Jahre einen großen zweigeteilten Garten an, in dem bis heute Blumen und Pflanzen aus der ganzen Welt wachsen. Große Farne, die die Blumen grün einrahmen. Schwertlilien, die die Brücken im Garten umranken. Mohnblüten, die Monet von den Kornfeldern kannte, die er so gerne malte.

Die Vögel zwitschern und schwatzen in den Wipfeln der Bäume. Die Flora schmiegt sich um einen Teich, auf dem Seerosen blühen – die wohl bekanntesten Sujets von Monet, zu denen er auch durch die von ihm verehrte japanische Malerei inspiriert war – auch seine Porzellan-Katze war aus Japan. Es war die selbst geschaffene Idylle, die ihn animierte, so viele Serien zu malen.

„Und dann hatte ich plötzlich die Offenbarung, wie wunderbar mein Teich war, und griff nach der Palette“, schreibt Monet in seinen persönlichen Aufzeichnungen. Seither malte er hunderte Seerosen-Gemälde. In Giverny bemerkte Monet, dass sich sein Sehen veränderte. „Der Graue Star bedeutete für ihn, dass er Licht und Farben anders wahrnahm. Und da er immer exakt das malte, was er sah, veränderte sich sein Malen“, sagt Marianne Mathieu.

So kamen etwa Bilder zustande von der japanischen Brücke im Herzen des großen Gartens und von den Seerosen, die mehr an abstrakte Kunst erinnern als an Impressionismus. Beim Grauen Star trübt sich die Linse ein, die Wahrnehmung wird „eingegraut“, Farben werden weniger wahrgenommen. Der Patient erblindet ohne Behandlung langsam.

  • Claude Monet Garten Seerosenteich
  • Claude Monet Garten mit Haus
  • Claude Monet Garten mit Brücke

Auch wenn es nicht perfekt war: Eine Brille war die einzige Chance, dass er überhaupt noch etwas sah und weitermalen konnte.

Barbara Pierscionek Vision Scientist, Staffordshire University

Ein Plan für die Augen

In dieser Zeit machte die Augenoptik einen Quantensprung. Seit 1900 arbeitete der spätere Nobelpreisträger Allvar Gullstrand, ein Augenarzt aus Schweden, mit ZEISS zusammen. Ab 1908 baute Moritz von Rohr, ausgehend von den Ergebnissen dieser Zusammenarbeit, zu denen unter anderem die Spaltlampe zur Augenuntersuchung und die weltweit ersten Präzisionsbrillengläser zählen, die Brillenabteilung bei ZEISS auf. Ein Ergebnis ebenfalls: Die Entwicklung asphärischer Brillengläser für am Grauen Star Operierte.

Diese auch Aphakiegläser genannten starken Plusgläser glichen die extreme Fehlsichtigkeit nach einer Star-OP aus, wenn das Auge ohne Linse das einfallende Licht nicht mehr ausreichend brechen kann und auf der Netzhaut kein klares Bild mehr projiziert wird. Zweiter Effekt einer Star-OP ist, dass nach Entfernung der eingetrübten Augenlinse die Farben wieder viel stärker wahrgenommen werden. Die Gläser mit Namen „Katral“ kamen 1912 zur Marktreife. Im selben Jahr diagnostizierte Monets Hausarzt den Grauen Star.  „Ich nahm die Farben nicht mehr mit derselben Intensität wahr“, klagte Monet 1918 in seinen persönlichen Aufzeichnungen.

„Die Rottöne erschienen trübe, das Rosa fade, und viele Zwischentöne konnte ich überhaupt nicht mehr erkennen.“ Das Mittagslicht wurde ihm unerträglich hell. 1923 wurde er schließlich operiert, als der Leidensdruck überhandnahm. „So eine OP war damals ein großes Risiko. Die Hygiene war schlecht. Der Verlust des Augenlichts drohte“, sagt die Professorin Barbara Pierscionek, Vision Scientist von der britischen Staffordshire University. Damals habe man die Augenlinse entfernt. Künstliche Linsen als Ersatz gab es noch nicht.

„Auch wenn es nicht perfekt war: Eine Brille war die einzige Chance, dass er überhaupt noch etwas sah und weitermalen konnte“, sagt Barbara Pierscionek. Monet probierte verschiedene Brillen aus. Eine hätte über die Gläser einen bläulichen Effekt. Monet nahm Blautöne jetzt stärker wahr. „Mit der von ZEISS konnte er am besten sehen.“, sagt Dr. Ralf Dahm, Director of Scientific Management am Institute of Molecular Biology in Mainz. Dahm ist nicht nur als Biologe Experte für lichtdurchlässiges Gewebe, sondern auch Kunstkenner und beschäftigte sich daher damit, wie Augenkrankheiten verschiedene Künstler beeinträchtigten.

  • Claude Monet  diverse Werke, Musee Marmottan Monet, Paris, France

    Diverse Claude Monet Werke, Musee Marmottan Monet, Paris, France

Claude Monet Garten Zweig mit Blüte

Die Farben sind zurück

Doch Monet bekam seine Farben wieder, die ihn anzogen wie die Blüten in seinem Garten die Hummeln. Für ihn war es mehr als eine Brille. Nur mit ihr konnte der Künstler weiter am Leben teilhaben. Viele Freunde hatten ihm von der OP abgeraten. Auch den Wert der Brille unterschätzten manche. Doch am Ende gewann Monet dazu. Endlich konnte der Maler ein großes Projekt beenden: Eine Seerosen-Serie, die er dem französischen Staat vermachte. Man sieht auf diesen, dass er Blautöne jetzt stärker wahrnahm.

„Monet hat uns heute noch viel zu sagen. Er malte die Natur in all ihrer Schönheit. Die Natur, die wir mit unserem Verhalten zerstören. Seine Kunst ist ein Appell für mehr Ökologie“, sagt Marianne Mathieu vom Pariser Museum Marmottan Monet.

Monet hat gezeigt, was es heißt, durch prüfende Phasen zu gehen und sich nicht aufhalten zu lassen. Er ist ein Beispiel dafür, dass es sich auszahlt, beharrlich an das zu glauben, wofür das Herz schlägt. Mit Leidenschaft und Begeisterung eine Richtung einzuschlagen und die Welt ein bisschen schöner zu machen, mit einer eigenen Botschaft, ermöglicht durch einen eigenen Blick auf die Welt.

Von Monet bleibt auch, dass es lohnt, immer weiter zu machen. Den eigenen Blick auf die Welt behalten. Sich inspirieren lassen – sei es von einer Seerose oder einer Katze aus Porzellan. Nicht aufgeben. Das Leben prüft. Aber es schenkt auch Zuversicht. Wenn man wagt, all seine Leidenschaft hineinzulegen.


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