Durch Künstliche Intelligenz wird die Welt immer digitaler – und benötigt immer mehr Rechenleistung. Immer bessere Mikrochips können diese Rechenleistung liefern.
80 Prozent der Mikrochips weltweit werden mit ZEISS Optiken hergestellt. Hier schlägt das Herz der Digitalisierung. Und dank EUV-Technologie ist es jetzt möglich, kleinere und leistungsfähigere Chips zu fertigen – und damit ein berühmtes Gesetz weiterzuschreiben.
Gordon Moore war seiner Zeit voraus. In einem Artikel, der 1965 in der Zeitschrift „Electronics“ erschien, wagte der Mitbegründer des US-amerikanischen Halbleiterherstellers Intel einen Blick in die Zukunft der Chipindustrie. In der Fachwelt gingen die Meinungen dazu auseinander. Manche Experten sprachen von „Science-Fiction“. Doch zahlreiche Entwicklungen, die der Visionär Mitte der Sechziger beschrieben hat, sind eingetreten. Nicht zuletzt dank den Fortschritten durch Künstliche Intelligenz (KI).
Aus Science-Fiction wurde Realität. Und ohne Mikrochips wäre die digitale Welt, in der wir leben, nicht möglich. Sie begegnen uns in vielen Lebenslagen: Vom Bedienen des Kaffeevollautomaten am Morgen bis zur Sprachsteuerung über das Smartphone. Chips stecken in nahezu jedem elektronischen Produkt, das uns begegnet. Sie sind maßgeblich für die Anwendung eben jener Künstlichen Intelligenz (KI), eine der Zukunftstechnologien überhaupt. Ohne immer leistungsfähigere Mikrochips wäre KI nicht möglich – und die Welt, in der wir leben, wäre ohne Künstliche Intelligenz eine andere.
Ob im Alltag oder während der Arbeit: Algorithmen als Grundlage Künstlicher Intelligenz sind allgegenwärtig. Im Smartphone, im Smart Home, in der Smart Factory der Industrie 4.0 mit intelligent vernetzten Maschinen. Maschinelles Lernen, Spracherkennung, autonomes Fahren: Dank Künstlicher Intelligenz verschieben sich die Grenzen dessen, was technisch möglich ist. Aber für den durch Digitalisierung und KI getriebenen Fortschritt braucht es Rechenleistung – und davon immer mehr. Mikrochips liefern diese Rechenleistung. Deshalb stellt sich die Frage: Wie werden Halbleiter weiterentwickelt? Was können Chips noch leisten?
EUV-Technologie schreibt neues Kapitel im Mooreschen Gesetz
Eine ganze Menge, wenn es nach Gordon Moore geht. In jenem Artikel aus dem Jahr 1965 hat der Intel-Mitbegründer die These aufgestellt, die heute als das Mooresche Gesetz, „Moore’s Law“, bekannt ist. Es besagt, dass sich die Rechenleistung eines Mikrochips etwa alle zwei Jahre verdoppelt. Immer wieder haben Experten geglaubt, das Mooresche Gesetz werde an seine Grenzen stoßen. Immer wieder lagen sie falsch. Mittlerweile ist klar: Mit Blick auf die Optik ist der Fortbestand der fast 60 Jahre alten Annahme bis ins nächste Jahrzehnt gesichert. Wie ist das möglich?
Dank der EUV-Technologie, sogenannter extrem ultravioletter Strahlung (EUV). Das ist die kurze Antwort. Die ausführliche Antwort kennt Dr. Peter Kürz. Er ist promovierter Physiker und arbeitet seit 1996 bei ZEISS. Gemeinsam mit dem Unternehmen ASML, einem Partnernetzwerk und tausenden Forschern hat ZEISS eine Technologie zur Produktion von Halbleitern zur Serienreife gebracht, die als bahnbrechend bezeichnet werden kann. „Mit Hilfe der EUV-Lithographie ist es gelungen, kleinere Strukturen auf einem Wafer abzubilden“, erklärt er. Mehr als 25 Jahre Entwicklungsarbeit steckt in der Lösung für die Chip-Fertigung, die 2020 von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit dem Deutschen Zukunftspreis ausgezeichnet wurde. ZEISS SMT hält mehr als 1.500 Patente im Bereich der EUV-Technologie.
KI beansprucht Unmengen an Daten und enorme Rechenleistungen. Dafür braucht es immer leistungsfähigere Mikrochips. Und die ermöglichen wir mit der EUV-Technologie.
Leistungsfähige Halbleiter: Der Faktor Licht
Schlüsseltechnologie für die Herstellung von Mikrochips ist seit mehr als 40 Jahren die optische Lithographie. Mit dem Einsatz der DUV-Technologie, tief ultraviolettes Licht, stieß dieses Verfahren an technische und ökonomische Grenzen. „Um die durch die Digitalisierung oder Künstliche Intelligenz notwendige Rechenleistung zu erreichen und gleichzeitig Energieverbrauch und Fertigungskosten pro Chip bei der Chip-Herstellung zu senken, musste völlig neu gedacht werden”, berichtet Peter Kürz.
Die Lösung fanden die Forscher auch weiterhin in der Wellenlänge des Lichts. Schon ZEISS Pionier Ernst Abbe hatte im 19. Jahrhundert beobachtet: Je kürzer die Wellenlänge des Lichtes bei einer Abbildung, desto besser ist die Auflösung. Für die Herstellung von Mikrochips bedeutet das: Je kürzer die Wellenlänge, desto feiner sind die Strukturen auf dem Wafer. Bei der DUV-Technologie war eine Verkürzung der Wellen kaum mehr möglich. Also musste eine neue Lösung her. Mit Hilfe der EUV-Technologie ist es schließlich gelungen, die Wellenlänge um den Faktor 14 zu reduzieren – von 193 auf 13,5 Nanometer. Mit dieser Technik lassen sich auf einem Wafer Strukturen abbilden, die 5.000-mal dünner sind als ein menschliches Haar.
Mit High-Tech zu High-Tech
Was in der Theorie nun so einfach klingt, ist in der Praxis Hochtechnologie. „Wir reden hier über die weltweit präzisesten Spiegel und mechatronische Systeme, die diese Spiegel extrem präzise halten. Wissenschaftlich, aber auch technisch gibt es enorme Herausforderungen“, erklärt Kürz. So entsteht durch das EUV-Licht ein Plasma, das 40-mal heißer ist als die Oberfläche der Sonne.
Zusammengeführt werden alle diese Technologien in einer komplexen Maschine – gut 180 Tonnen schwer, so groß wie ein Schulbus und bestehend aus mehr als 100.000 Einzelteilen. „Das ist mit die anspruchsvollste Maschine, die je gebaut wurde“, sagt Kürz. Für eine Innovation dieser Größenordnung braucht es folglich ein gutes Team – und starke Partner. Der Laser in der EUV-Quelle kommt beispielsweise von der Firma Trumpf. Die Maschine und die EUV-Lichtquelle selber wurden von ASML entwickelt, dem weltweit einzigen Hersteller von EUV-Lithographie-Maschinen, der gemeinsam mit ZEISS für die Produktion von 80 Prozent aller Mikrochips weltweit verantwortlich ist.
Starke Partner
ZEISS im Gespräch mit den Entwicklungspartnern ASML und TRUMPF
Die Grenzen des Machbaren verschieben
Künstliche Intelligenz hat dabei eine Doppelrolle gespielt: Zum einen wird KI genutzt, zum anderen wird KI ermöglicht. “Künstliche Intelligenz hilft uns beispielsweise zu erkennen, wann wir Bauteile in unseren Fertigungsmaschinen tauschen müssen“, erklärt Kürz. Die größere Verbindung sieht er aber in der Rolle von ASML und ZEISS als Möglichmacher von Digitalisierung, insbesondere dieser neuen Technologie, der Künstlichen Intelligenz. „Für KI braucht es Unmengen an Daten und eine enorme Rechenleistung. Also braucht man immer leistungsfähigere Mikrochips. Und die ermöglichen wir“, sagt er. Die Digitalisierung sieht er als Basis technologischen Fortschritts. „Diese Entwicklung macht Änderungen möglich, die man für unmöglich gehalten hat“, sagt der Experte. Die Grenzen des Machbaren immer weiter verschieben treibe ihn an. KI macht es möglich.
Statt sich mit dem Ergebnis zufrieden zu geben, arbeitet der 57-Jährige mit seinem Team bereits an der nächsten Entwicklungsstufe der Chip-Produktion, einer neuen Chip-Generation. Mithilfe der High-NA-EUV-Optik, die einen größeren Öffnungswinkel bietet, soll die Auflösung der Optik noch weiter verbessert werden. „Wenn wir den Öffnungswinkel der Optik – die sogenannte numerische Apertur (NA) vergrößern, können wir die Transistorendichte auf den Mikrochips noch weiter erhöhen – und der Chip wird noch leistungsfähiger“, erklärt Kürz. Es sieht also gut aus für die Zukunft der Künstlichen Intelligenz und der Halbleiter. Und auch Gordon Moore dürfte das freuen: Es sieht danach aus, als hätte sein Gesetz auch bis ins nächste Jahrzehnt Bestand.