Dominik Eulberg ist DJ, Biologe, Vogelbeobachter

Bekannt wurde Dominik Eulberg als DJ, inzwischen ist er aber auch ein renommierter Wissenschaftskommunikator, Biodiversitätsbotschafter und Buchautor. Er kennt und schätzt die Schönheit der Natur: Sie ist seine persönliche Quelle für Kraft, Entspannung und Inspiration. Daraus schafft er eine einzigartige Musikkunst, die diese positive Energie auch an andere Menschen weitergibt. Um die Schönheit der Natur möglichst vielen Menschen näherzubringen, nutzt der Biologe seine Reichweite als DJ – zur Umweltbildung, für mehr Natur- und Artenschutz.

Es ist bereits Nachmittag, aber Dominik Eulberg ist gerade erst aufgestanden. „Guten Morgen“, sagt er. Um 15 Uhr, die Haare noch leicht verstrubbelt. Für Eulberg ist das ganz gewöhnlich. Er ist nachtaktiv, um 15 Uhr schlägt für ihn die Morgenstunde. Schon als Kind habe er Probleme gehabt, früh ins Bett zu gehen – und vor allem: früh wieder aufzustehen. Auch während des Studiums habe er nur sehr wenige Vorlesungen am Vormittag besucht. „Das ist bei mir angeboren“, sagt er: „Mein Metabolismus war schon immer auf Nachtmodus getrimmt.“ Heute mit Mitte Vierzig bestimmt er seinen Rhythmus einfach selbst.

Dominik Eulberg ist DJ, Biologe, Vogelbeobachter

Wie passend, dass er ein bekannter DJ wurde – und die Nacht sein Leben. Im Jahr 1993 kaufte er seinen ersten Synthesizer, seit mehr als zwei Jahrzehnten ist er mit Musik weltweit erfolgreich: 2004 wählte ihn das Szene-Magazin „Groove“ zum Newcomer des Jahres, ein Jahr später zum besten Produzenten. Anfang 2022 ist sein siebtes Album erschienen. Es heißt „Avichrom“, was so viel bedeutet wie Vogelfarben. Das ist die Besonderheit: Jeder Track ist nach einem bunten Vogel benannt – Rotmilan, Purpurreiher, Grünfink.

Dominik Eulberg ist DJ, Biologe, Vogelbeobachter

Die Natur als Entertainmentsystem

Das Album beinhaltet den Soundtrack seines Lebens. Denn neben der Musik hat Eulberg eine weitere Leidenschaft: die Natur. Und das schon sein ganzes Leben lang. „Als Kind gab es bei uns zu Hause keine Medien“, erzählt er: „Vogelstimmen erkennen, Schmetterlinge bestimmen: das war mein Entertainmentsystem.“ Eulberg hat Ökologie studiert und als Kranich-Beobachter im Müritz-Nationalpark gearbeitet. Später gab er sein Wissen als Wattführer auf Wangerooge an Besuchergruppen weiter. Das habe ihm die Augen geöffnet: „Diese Menschen wussten schon sehr vieles, was ich ihnen erzählt habe“, sagt er. Um etwas zu verändern, musste er diejenigen erreichen, denen die Schönheit der Natur noch fern war.

Musik inspiriert durch die schönste Künstlerin

In die Natur eintauchen mit Dominik Eulberg und ZEISS

Dominik Eulberg ist DJ, Biologe, Vogelbeobachter

Musik ist Natur, Natur ist Musik. Die Natur ist die genialste Künstlerin.

Dominik Eulberg DJ, Wissenschaftskommunikator und Autor
Dominik Eulberg ist DJ, Biologe, Vogelbeobachter

Zum Glück gab es die Musik. Auch diese Leidenschaft begleitet ihn schon sein Leben lang. Als Kind habe er vor dem Radio gesessen, die Beat-Parts aus Liedern wie „Radio Gaga“ von Queen aufgenommen und aneinandergeschnitten. „DE-Techno-Mix” hat er das genannt. DE steht für Dominik Eulberg. „Techno-Musik hat etwas Instinktives, das sich in der Natur wiederfindet“, erklärt Eulberg. „Ein Beat ist wie ein Herzschlag, den wir schon im Mutterleib wahrnehmen, auf den wir pränatal konditioniert werden.“ Am DJ-Pult führt er beide Welten zusammen. Für sein Album „Flora und Fauna“ zum Beispiel nahm er Vogelstimmen auf und übersetzte sie in digitale Beats. Die Leute hätten ihn gefragt, was für besondere Synthesizer das seien. Seine Antwort: eine Rotbauchunke. „Musik ist Natur, Natur ist Musik“, sagt Eulberg: „Die Natur ist die genialste Künstlerin.“

Dominik Eulberg ist DJ, Biologe, Vogelbeobachter

Als DJ kann Eulberg dieser Künstlerin die Bühne bieten, die sie verdient. Deshalb nutzt er seine große Reichweite heute, um Menschen für den Natur- und Artenschutz zu begeistern. Die Herausforderung bestehe schließlich darin, dass jeder um die Bedrohung der Umwelt als Überlebensversicherung wisse, aber gleichzeitig zu wenig für Natur- und Umweltschutz getan werde. Deshalb will er die Menschen überzeugen. Er ist der Meinung, die Erkenntnisse der Wissenschaft müssten anders erzählt werden. „Vieles ist erforscht. Klimakrise und Artensterben, deren Ursachen und Problemlösungen sind bekannt. Wir wissen auch, wohin das führt, aber wir bekommen das kognitiv nicht in der breiten Masse vermittelt – deswegen müssen wir es emotional versuchen; über das Staunen, denn Staunen ist der Anfang einer jeglichen Erkenntnis“, sagt er. Die Musik sei für ihn das ideale Sprungbrett dafür: „Mit Musik beschäftigen sich die Menschen viel lieber als mit Fachjargon in Studien. Sie kann ein lustvoller und niederschwelliger Vektor sein“.

Dominik Eulberg ist DJ, Biologe, Vogelbeobachter

Statt in dystopischen Alarmismus zu verfallen, will Eulberg Aufbruchsstimmung erzeugen. Etwa, indem er seine Konzertbesucher nach seinen Auftritten mit auf Fledermaustouren oder Vogelstimmenwanderungen nimmt. Er präsentiert Biodiversität-Shows, veranstaltet Naturführungen, bekommt Lehraufträge, unterstützt Naturschutzverbände. Sein Buch „Mikroorgasmen überall“ wurde 2021 als „Wissensbuch des Jahres“ ausgezeichnet. Außerdem ist er Gastwissenschaftler am Museum für Naturkunde Berlin. Nebenbei tritt er weiterhin als DJ auf. Natur ist Musik. Und Natur braucht Helden, meint er. Weil sie keine Lobby habe.

Allein der Anblick der Farbe Grün steigert das Wohlbefinden.

Dominik Eulberg DJ, Wissenschaftskommunikator und Autor
  • Dominik Eulberg ist DJ, Biologe, Vogelbeobachter
  • Dominik Eulberg ist DJ, Biologe, Vogelbeobachter
  • Dominik Eulberg ist DJ, Biologe, Vogelbeobachter
  • Dominik Eulberg ist DJ, Biologe, Vogelbeobachter
  • Dominik Eulberg ist DJ, Biologe, Vogelbeobachter
  • Dominik Eulberg ist DJ, Biologe, Vogelbeobachter
  • Dominik Eulberg ist DJ, Biologe, Vogelbeobachter
  • Dominik Eulberg ist DJ, Biologe, Vogelbeobachter

Held der Biodiversität

Seine Heldenrolle sieht er im Bereich der Biodiversität. Einem Gebiet, dessen Bedeutung vielen noch nicht bewusst, dessen Bedrohung aber besonders groß sei: „Klimaschutz stellt die Menschen vor die Frage, wie wir überleben können. Bei Biodiversität geht es darum, ob wir überhaupt überleben“, sagt Eulberg und erklärt das an einem einfachen Beispiel: 95 Prozent der weltweiten Ernährung hänge an 16 Pflanzenarten. Das heißt: „Bei 1,8 Millionen beschriebene Arten sind wir zu 95 Prozent auf 16 Arten angewiesen.“2 Dabei hat das Artensterben längst begonnen: „Schätzungsweise 150-400 Arten verschwinden weltweit jeden Tag für immer und ewig“, sagt er.1 Viele Menschen würden denken, dass die Probleme weit weg seien – in Afrikas Wüsten oder im Regenwald: „30 bis 50 Prozent der in Deutschland beheimateten Tier- und Pflanzenarten sind im Bestand bedroht“, betont der Wissenschaftskommunikator.3 Artensterben ist ein lokales Problem.

Dominik Eulberg ist DJ, Biologe, Vogelbeobachter

Das heißt jedoch im Umkehrschluss auch: Artenschutz beginnt vor der eigenen Haustür. Deshalb nimmt Eulberg Interessierte mit auf Naturkundetouren entlang der Westerwälder Seenplatte, seiner Heimat, um ihnen die Schönheit der Natur näherzubringen. Er sagt: „Alles, was man braucht, um in die Natur einzutauchen, ist eine gute Optik um den Erfahrungshorizont zu weiten.” Das passende Equipment öffnet den Blick für ganz besondere Beobachtungen. „Jede Vogelbeobachtung ist einmalig. Es sind unvergessliche Naturerlebnisse – denn die heimische Landschaft hat viel zu bieten.”

Die Farbe Grün als Glücklichmacher

Das lernt auch Eulberg immer wieder neu zu schätzen. Jeden Tag verbringt er viel Zeit in der Natur – und jeder Tag ist anders. Im Winter gibt es bei ihm im Westerwald Bergfinken zu sehen, Schellenten oder Seidenschwänze. Kraniche machen Rast direkt vor seiner Haustür. Nachts hilft er Kröten über die Straße, im Garten legt er verschiedenste Biotope an. Er züchtet Raupen, an den Anblick seines ersten Schillerfalters kann er sich noch heute genau erinnern: „Als das Licht an den Flügeln gebrochen wurde, haben sie bläulich-violett geschillert“, erzählt er. In Momenten wie diesen bezeichnet er die Natur als „günstigsten Schlüssel zum Glück“.

Als solcher spielt die Natur auch für seine mentale Gesundheit eine wichtige Rolle: „Ich brauche die Ruhe, um meine Akkus aufzuladen“, sagt Eulberg. Nach einem Spaziergang an der Luft würden Menschen oft sagen, wie gut ihnen das jetzt getan habe. „Das finde ich absurd“, sagt er. Warum? „Weil wir erkennen, wie schlecht es uns tut, zu viel Zeit vor Bildschirmen zu verbringen. Obwohl wir das wissen, machen wir es trotzdem.“ Dabei sei der Mensch dafür gemacht, sich jeden Tag mindestens zehn Kilometer an der Luft zu bewegen. Er braucht den Sauerstoff, das Licht und das Vitamin D, das der Körper damit produziert. „Allein der Anblick der Farbe Grün steigert das Wohlbefinden“, erklärt der Biologe. Drei Stunden an der Waldluft reduzieren die Stresshormone um bis zu der Hälfte. Den Ausgleich in der Natur beschreibt er daher wie eine matschige Pfütze: Erst ist alles aufgewühlt vom stressigen Alltag. Aber mit der Zeit legt sich der Schlamm – und das Wasser wird wieder klar.

Im Fokus: Naturverbundenheit und mentale Gesundheit

  • Die gesundheitsfördernde und gesundheitsschützende Wirkung von Naturräumen ist vielfach belegt. Naturräume wie Wiesen, Wälder, Parkanlagen und Gewässer besitzen beispielsweise ein erhebliches Potenzial, lufthygienische Probleme zu reduzieren, indem sie Schadstoffe aus der Umgebungsluft filtern. Auch auf das mentale Wohlbefinden hat die Natur einen positiven Einfluss: So senkt die frische Waldluft innerhalb von nur drei Stunden beispielsweise Stresshormone nachweislich um bis zu 50 Prozent. Allein der Anblick der Farbe Grün steigert beim Menschen bereits das Gemüt.4

  • Die Natur hat einen positiven Einfluss auf Gehirnregionen, die an der Stressverarbeitung beteiligt sind. Dieser Einfluss kann bereits nach einem einstündigen Spaziergang beobachtet werden. Dadurch wird deutlich, wie unser physisches Lebensumfeld die Gesundheit des Gehirns und der Psyche beeinflusst. Bereits ein kurzer Aufenthalt in der Natur verringert die Aktivität der Amygdala, die im Gehirn an der Entstehung von Gefühlen wie Furcht und Angst beteiligt ist.5

  • Um in die Natur einzutauchen, braucht es nicht viel. Schon vor der eigenen Haustür lässt sich so viel entdecken. Ein gutes Fernglas zählt zum Grundequipment, wenn man sich näher mit dem Thema Vogelbestimmung beschäftigen möchte. Denn die Details in der Unterscheidung einzelner Arten lassen sich mit dem bloßen Auge kaum erkennen. Möchte man tiefer einsteigen in die Welt der Vogelbeobachtung, hilft beispielsweise ein Spektiv, gerade wenn es ums Erkennen und Bestimmen von weiter entfernten Vogelarten geht – zum Beispiel rund um Gewässer.

Im Naturrausch

Dominik Eulbergs Playlist für Glücksmomente


Teilen auf


  • 1

    International Union for the Conservation of Nature and Natural Resources (IUCN): IUCN Red List of Threatened Species,
    Ursachen des Artensterbens: Kein Platz, keine Potenz: https://www.ardalpha.de/wissen/natur/tiere/artenschutz/rote-liste/index.html,  
    Artenvielfalt - Das größte Massensterben seit 66 Millionen Jahren: https://www.deutschlandfunkkultur.de/biodiversitaet-artensterben-folgen-100.html

  • 2

    Food and agriculture data for over 245 countries and territories: FAOSTAT,
    Artenvielfalt - Die Ernährung der Welt - Wissen - SZ.de (sueddeutsche.de),
    BLE - Nationales Fachprogramm Pflanzen

  • 3

    International Union for the Conservation of Nature and Natural Resources (IUCN): IUCN Red List of Threatened Species,
    Die Rote Liste bedrohter Tier- und Pflanzenarten: https://www.wwf.de/themen-projekte/artenschutz/rote-liste-gefaehrdeter-arten

  • 4

    https://www.mpib-berlin.mpg.de/press-releases/how-does-nature-nurture-the-brain,
    https://www.mpg.de/19179857/0906-bild-wie-beeinflusst-die-natur-das-gehirn-149835-x

  • 5

    The physiological effects of Shinrin-yoku (taking in the forest atmosphere or forest bathing): evidence from field experiments in 24 forests across Japan - PubMed (nih.gov),
    The influence of urban green environments on stress relief measures: A field experiment - ScienceDirect,
    Der positive Einfluss der Natur auf die Gesundheit und das Wohlbefinden | SpringerLink