Davide Canavesi testet Software für autonomes Fahren

Davide Canavesi will autonomes Fahren voranbringen. Er arbeitet in einem von ZEISS unterstützten Start-up an LiDAR-Innovationen, die für das sichere autonome Fahren von zentraler Bedeutung sind. Seine Vision von selbstfahrenden Autos steht für eine sichere Mobilität. Er macht sich für Innovationen stark – und eine neue Ära, die von ausgereifter Sicherheit geprägt ist. Canavesis Bemühungen zeichnen einen Horizont, in dem das autonome Fahren nicht nur ein Konzept ist, sondern ein kontinuierlicher Fortschritt. Die Technik ist auf dem Vormarsch, und er ist bereit, eine Zukunft ohne Unfälle zu präsentieren.

Auf einem Schießstand am Stadtrand von Ulm richten Davide Canavesi und sein Team ihre Ausrüstung akribisch aus und schicken einen Laser auf ein 300 Meter entferntes Ziel. Doch anders als in Hollywood-Filmen verursacht dieser Laser keine Explosion. Stattdessen revolutioniert er die Automobilindustrie. „Es geht um Genauigkeit und Kontrolle“, erklärt Canavesi, „auch auf große Entfernungen".

Davide Canavesi prüft einen optischen Sensor

Die Zukunft der Mobilität erkennen und steuern

Canavesi arbeitet als Head of Strategy and Business Development bei Scantinel Photonics, einem Spin-off-Unternehmen von ZEISS. Scantinel ist auf die Entwicklung modernster optischer Sensortechnologie spezialisiert. Zu Innovationen des Unternehmens gehört die Pionierarbeit an FMCW-LiDAR-Chips: fortschrittliche Komponenten, die in Fernerkundungssystemen eingesetzt werden und den Weg zu einer vollständig autonomen Mobilität ebnen. FMCW LiDAR steht für „frequency-modulated continuous-wave light detection and ranging“ – eine Technologie, die für verschiedene Anwendungen wie in autonomen Fahrzeugen und bei Umweltbeobachtungen unverzichtbar ist.

Diese Sensoren erhöhen die Fahrsicherheit, indem sie Objekte wahrnehmen und Ereignisse auf der Straße bis zu zehn Sekunden vor ihrem Eintreten vorhersehen. Canavesi ist sich der Bedeutung dieser Technologie bewusst. „Man muss die Höhe eines Hindernisses erkennen, um zu entscheiden, ob man darüberfahren, ausweichen oder bremsen sollte“, erklärt er.

Der Straßenverkehr bleibt gefährlich: Die Europäische Kommission meldet für das Jahr 2023 mehr als 20.000 Verkehrstote in der EU.1 In den USA werden jedes Jahr über 40.000 Todesfälle verzeichnet. In 94 Prozent der Fälle trägt menschliches Versagen zum Unfall bei.2, 3 Auch Canavesi wurde bereits Opfer eines gefährlichen Verkehrsunfalls. Vor zwanzig Jahren, als er in Italien auf dem Rückweg von der Schule war, missachtete ein anderes Fahrzeug ein Stoppschild und rammte sein Auto, das sich daraufhin überschlug. Es rutschte quer über die Straße und konnte sich nur noch durch die Heckscheibe retten.

Porträt von Davide Canavesi

Der Mensch kann Entfernungen nur schätzen. Um sie tatsächlich zu messen, brauchen wir voll automatisierte Systeme. Und genau hier kommen wir ins Spiel.

Davide Canavesi Head of Strategy and Business Development | Scantinel Photonics
Davide Canavesi geht mit seiner Tochter spazieren

Gangwechsel: Einsatz für die automatisierte Sicherheit

Auf dem Rückweg zum Scantinel-Büro in Ulm erzählt Canavesi, dass er trotz des erschütternden Erlebnisses relativ unbeschadet davongekommen sei. Der Unfall habe ihm aber gezeigt: „Menschen können Autos nicht perfekt kontrollieren.“ Um die menschlichen Grenzen zu überwinden, plädiert er daher für selbstfahrende Autos, die durch KI und maschinelles Lernen unterstützt werden. „Der Mensch kann Entfernungen nur schätzen. Um sie zu messen, benötigen wir voll automatisierte Systeme. Und hier kommen wir ins Spiel.”

Als Vater von zwei Kindern ist das Thema Sicherheit für Canavesi noch wichtiger. Seine ältere Tochter, die jetzt acht Jahre alt ist, fährt jeden Tag mit dem Fahrrad zur Schule. „Ich lebe mit meiner Familie in München. In solch einer Stadt ist der Verkehr wirklich nervenaufreibend”, sagt Canavesi. Ihm ist völlig klar, dass die Sicherheit seiner Tochter nicht nur von ihren eigenen Fähigkeiten abhängt, sondern auch von dem unberechenbaren Verhalten unzähliger Autofahrerinnen und Autofahrer. „Im Grunde genommen ist es ein Glücksspiel. Also sollte alles, was dieses Glücksspiel sicherer macht, getan werden.”

Und es gibt so viele Möglichkeiten, die Chancen zu verbessern. Das menschliche Gehirn verarbeitet erstaunliche elf Millionen Sinneseindrücke pro Sekunde. Allerdings werden nur vierzig davon bewusst wahrgenommen, was einen erheblichen Spielraum für Fehler lässt.4 Im Gegensatz dazu sind Maschinen theoretisch in der Lage, alles wahrzunehmen, worauf sie programmiert sind. Dieser grundlegende Unterschied unterstreicht die potenzielle Präzision und Zuverlässigkeit des autonomen Fahrens im Vergleich zu den oft fehlbaren menschlichen Sinneseindrücken.

  • 1.350.000

    Menschen sterben jedes Jahr bei Verkehrsunfällen.5

  • Alle 24 Sek.

    kommt weltweit jemand auf einer Straße ums Leben.5

  • 94 %

    der tödlichen Verkehrsunfälle sind (zumindest zum Teil) auf menschliches Versagen zurückzuführen.3

  • Bis 2050

    will die EU die Zahl der Verkehrstoten auf Null reduzieren.6

  • Bis zu 10 Sek.

    im Voraus erkennen LiDAR-Sensoren von Scantinel Photonics Objekte und antizipieren Ereignisse auf der Straße, was ein sichereres autonomes Fahren ermöglicht.

Davide Canavesi arbeitet am sicheren autonomen Fahren

Vertrauen in autonomes Fahren aufbauen

Scantinel Photonics, Europas einziger Hersteller der bahnbrechenden FMCW-Sensoren, die den Umstieg auf autonomes Fahren ermöglichen, ist seit 2019 durch gemeinsame Anstrengungen von sechs auf über sechzig Mitarbeitende angewachsen. Davide Canavesi war dabei eines der ersten Mitglieder des Teams. Ziel des Spinn-offs ist es, autonome Fahrzeuge mit der Fähigkeit auszustatten, Bedingungen im Straßenverkehr weit über die Fähigkeiten eines menschlichen Fahrenden hinaus zu erkennen und darauf zu reagieren.

Die FMCW-LiDAR-Technologie von Scantinel revolutioniert autonome Fahrten, indem sie herkömmliche Beschränkungen durch eine verbesserte Auflösung und Reichweite überwindet. Diese Innovation verändert die Objekterkennung und die Wahrnehmung der Umgebung, selbst bei widrigem Wetter. Durch die Integration des FMCW-LiDAR in einen Siliziumchip ermöglicht das Unternehmen die kosteneffiziente Massenproduktion von eleganten, selbstfahrenden Autos ohne sperrige Komponenten.

Bei dieser Mission fungiert Canavesi als Bindeglied zwischen Kunden und Technologie. ZEISS unterstützt das Start-up dabei mit den notwendigen Ressourcen und sorgt dafür, dass alles reibungslos läuft. „Es ist, als würde man die Technologie aufsteigen lassen. Man hält den Vogel nicht im Nest, sondern lässt ihn flügge werden“, sagt Canavesi.

Ein optischer Sensor im Labor

Doch der Wettlauf zwischen Innovation und Regulierung hält an und kann die Integration der sich entwickelnden Technologie in den Verkehr behindern. Im Juli 2024 traten neue EU-Verordnungen für Fahrerassistenzsysteme in Kraft. Die UNO plant derweil, im Januar 2025 Vorschriften für das autonome Fahren der Stufen 3 und 4 einzuführen. Diese erweitern den Geltungsbereich auf Funktionen wie Spurwechselsysteme bei verschiedenen Straßenarten, betreffen jedoch nicht das vollständig autonome Fahren. Stattdessen legen sie den Schwerpunkt weiterhin auf die Einbindung des Fahrers und seiner Wahrnehmung.

Laut Canavesi entwickelt sich die Technologie viel schneller, als es die derzeitige Gesetzgebung zulässt. „Unsere Vorhersagen für die nächsten fünf bis zehn Jahre liegen oft daneben. Das kommt vor allem daher, dass unsere Visionen einfach zu konservativ sind. Der technologische Fortschritt kann selbst die ehrgeizigsten Prognosen übertreffen“, erklärt er, als er das Scantinel-Gebäude betritt.

Eine weitere Hürde besteht darin, das Vertrauen der Öffentlichkeit in fahrerlose Autos zu gewinnen. Canavesi, der sich leidenschaftlich dafür einsetzt, Technologie verständlich zu machen, will die künftigen Vorteile aufzeigen. Die Arbeit des Teams an fahrerlosen Fahrzeugen könnte seiner Überzeugung nach die Zahl der Verkehrstoten auf Null reduzieren – so wie es die EU bis 2050 anstrebt. „Wir kämpfen mit dem Problem von heute, aber meine Aufgabe ist es, die zukünftigen Vorteile aufzuzeigen“, sagt er, während er uns durch die Labore führt. Gemeinsam mit seinen Kunden möchte Canavesi die Frage „Was macht Mobilität sicherer?“ wirklich beantworten. Für ihn geht es darum, das Risiko so weit wie möglich zu verringern und über das hinauszugehen, was ein normaler Verkehrsteilnehmender wahrnehmen kann.

Verbesserte Sensoren und damit mögliches autonomes Fahren würden den Menschen Zeit für andere Dinge geben, während sie beispielsweise zur Arbeit pendeln. Stellen Sie sich vor, was die Menschen erreichen könnten, wenn sie sich im Auto statt des Fahrens auf andere Dinge konzentrieren könnten.

Davide Canavesi Head of Strategy and Business Development bei Scantinel Photonics
  • Visualisierung von LiDAR-Sensordaten
  • Autonomes Fahren Level 0
  • Autonomes Fahren Level 1
  • Autonomes Fahren Level 2
  • Autonomes Fahren Level 3
  • Autonomes Fahren Level 4
  • Autonomes Fahren Level 5
  • Visualisierung von LiDAR-Sensordaten
  • Grafik autonomes Fahren Level 0, keine Automatisierung
  • Grafik autonomes Fahren Level 1, Tempomat
  • Grafik autonomes Fahren Level 2, Parkassistent
  • Grafik autonomes Fahren Level 3, Fahrzeug übernimmt je nach Verkehrssituation
  • Grafik autonomes Fahren Level 4, Fahrzeug übernimmt alle Fahrfunktionen
  • Grafik autonomes Fahren Level 5, Fahrzeug kann ohne Fahrer betrieben werden

In Bewegung: ein Blick in die Zukunft

Nach der Besichtigung von Scantinel ist der Rest des Tages ein ganz normaler Arbeitstag. Canavesi wendet sich an die Hersteller, um ihre Fragen zu beantworten und neue Möglichkeiten auf dem Markt zu erkunden. Als er später auf den Firmenparkplatz kommt, umgibt ihn ein Meer aus stehenden Fahrzeugen. Sie sind ganz unterschiedlich, warten aber alle auf die Rückkehr ihrer Besitzerinnen und Besitzer, um nach Hause zu fahren.

Canavesi, dessen Schritte zügig und zielstrebig sind, erklärt, dass dieser alltägliche Anblick sich wandeln könnte. „Wissen Sie, das alles könnte auch ganz anders aussehen“, sagt er und umreißt die Landschaft geparkter Autos mit einer Geste.

Er bezieht sich auf neue Technologien für sicheres autonomes Fahren. „So viele Arten der Mobilität sind im Moment noch sehr zeitaufwendig“, bemerkt Canavesi, bevor er sich hinter das Steuer seines eigenen Fahrzeugs setzt. „Verbesserte Sensoren und damit mögliches autonomes Fahren würden den Menschen Zeit verschaffen, während des Pendelns andere Dinge zu tun. Stellen Sie sich vor, was die Menschen erreichen könnten, wenn sie sich im Auto auf andere Dinge konzentrieren könnten, anstatt zu fahren.” Damit schließt er die Autotür und fährt los. Ein weiterer Tag geht für ihn zu Ende, an dem er versucht hat, das neu zu gestalten, was wir als normal ansehen.

Im Fokus: autonomes Fahren

  • Selbstfahrende Autos, sind ein wesentlicher Baustein der zukünftigen Mobilität, für die sich ZEISS einsetzt. Sie basieren auf maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz, um sicheres autonomes Fahren zu verbessern. Die Expertise von ZEISS ist entscheidend für die Herstellung der Chips, die es autonomen Fahrzeugen ermöglichen, komplexe Daten für eine intelligentere Navigation und Entscheidungsfindung zu interpretieren. Durch die Verringerung menschlicher Fehler, der Hauptursache für Unfälle im Straßenverkehr, versprechen die Fortschritte in der Technologie für fahrerlose Autos, unsere Fahrten sicherer, zuverlässiger und effizienter zu machen.

  • Die neuesten Innovationen beim autonomen Fahren konzentrieren sich auf die Verbesserung der Sicherheit, der Zuverlässigkeit und der Integration innerhalb einer intelligenten städtischen Infrastruktur. Das ZEISS Spin-off Scantinel Photonics ist Vorreiter bei der Entwicklung sogenannter Light Detection and Ranging-Sensoren (LiDAR) der zweiten Generation. Diese Technologie zur optischen Entfernungs- und Geschwindigkeitsmessung ist unerlässlich, um autonome intelligente Systeme in die Lage zu versetzen, genauso gut wie der Mensch, wenn nicht sogar besser zu sehen. Das Unternehmen konzentriert sich auf die „frequenzmodulierte Dauerstrichtechnologie“ (FMCW), um wesentlich fortschrittlichere neue LiDAR-Sensoren zu entwickeln. Mit diesen Sensoren können Entfernungen und Geschwindigkeiten der erfassten Objekte mit größerer Genauigkeit gemessen werden, was die Leistung und Sicherheit autonomer Anwendungen erheblich verbessert.

    Die Herstellung der neuen optischen Sensoren basiert auf der photonischen Integration, bei der spezielle optische Komponenten zur Verarbeitung von Lichtimpulsen, ähnlich wie bei elektronischen Schaltkreisen, auf einen Siliziumchip aufgebracht werden. Diese Innovationen stellen zusammengenommen einen bedeutenden Schritt zur Verbesserung selbstfahrender Autos dar. Scantinels LiDAR auf einem Chip mit PIC-Design (Photonic Integrated Circuit) wird die autonome Mobilität durch vielseitige Integrationsmöglichkeiten revolutionieren. So ähnlich wie integrierte Schaltkreise die Elektronik verändert haben, indem sie komplexe Funktionen in kompakten, effizienten Komponenten zusammenfassten.

  • Die Technologie des voll automatisierten Fahrens zielt darauf ab, den menschlichen Fahrenden durch fortschrittliche Fahrerassistenzsysteme und ein höheres Maß an Fahrzeugautomatisierung von seinen Fahraufgaben zu entlasten. Fahrerlose Autos mit automatisierten Fahrsystemen, die maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz (KI) nutzen, könnten häufig auftretende Probleme im Straßenverkehr wie Staus und durch menschliches Versagen verursachte Unfälle verringern.

    Derzeit werden Sicherheitsfahrende in Tests eingesetzt, um zu gewährleisten, dass die Technologie eine Vielzahl von Verkehrssituationen meistern kann, während die Automobilindustrie an der Entwicklung eines zuverlässigen automatisierten Systems arbeitet. Die Weiterentwicklung dieser Technologie hat das Potenzial, den Verkehr erheblich umzugestalten und die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden zu erhöhen. Trotz schrittweiser Fortschritte bleibt die flächendeckende Einführung voll automatisierter, fahrerloser Fahrzeuge, die komplexe Fahrumgebungen zuverlässig bewältigen können, eine bestehende Herausforderung.