Licht der Zukunft: Wie funktioniert EUV-Lithographie?
6. Dezember 20225 Min.Lesedauer
Neues Licht für die Digitalisierung: Ohne die EUV-Lithographie wären moderne Mikrochips nicht vorstellbar – und ohne Optiken von ZEISS keine EUV-Lithographie.
Das Licht der Zukunft: Wie funktioniert EUV-Lithographie?
Mikrochips werden im Lithographie-Verfahren hergestellt. Das heißt: Die auf dem Chip gewünschten Strukturen werden zuerst wie bei der Projektion eines Dias von einer Maske auf eine lichtempfindliche Schicht übertragen. Die belichteten Strukturen werden im nächsten Arbeitsschritt chemisch fixiert und anschließend die unbelichteten Flächen ausgewaschen. Dieser Vorgang wird mit verschiedenen Masken bis zu hundertmal wiederholt, wodurch nach und nach ein immer komplexeres dreidimensionales Gebilde aus winzigen elektrischen Bauelementen wie Transistoren und Leiterbahnen entsteht – ein funktionierender Mikrochip.
Das Moore’sche Gesetz lebt
Um die Rechenleistung eines Chips zu erhöhen, packen Ingenieure immer mehr Transistoren auf die Wafer. Die Mikrochips in der Mondkapsel von Apollo 11 besaßen lediglich rund 1.000 Transistoren, heute kommt der zentrale Chip eines Smartphones bereits auf mehr als 57 Milliarden Transistoren. Diese kontinuierliche Leistungssteigerung hat Gordon Moore, Mitbegründer von Intel, schon 1965 vorausgesagt. Das von ihm postulierte „Mooresche Gesetz“ besagt, dass sich die Leistungsfähigkeit der jeweils aktuellen Chipgeneration alle zwei Jahre verdoppelt, wobei diese Steigerung durch die Miniaturisierung der Chipstrukturen getrieben ist. Eine Prognose, die zum Maßstab der Halbleiterindustrie geworden ist.
Die Mikrochips in der Mondkapsel von Apollo 11 besaßen lediglich rund 1.000 Transistoren, heute kommt der zentrale Chip eines Smartphones dank EUV auf mehr als 57 Milliarden Transistoren.
Kleine Wellen, große Wirkung
Die Größe der Chips ist im Laufe der Zeit nicht gewachsen, viel mehr die Anzahl der Transistoren. Das wurde durch die zunehmende Leistungsfähigkeit des Lithographie-Verfahrens möglich, welches immer feinere Strukturen auf die Wafer belichtet. Die Qualität dieser Strukturen hängt von vielen Faktoren ab, wie von der Maske (oder um im Bilde zu bleiben: vom Dia), von der eingesetzten Mechanik und Optik – vor allem aber vom eingesetzten Licht. Denn je kürzer die Wellenlänge, desto winziger sind die belichteten Strukturen.
Ein Lichtblick für die Zukunft
Deshalb wurden im Laufe der Zeit immer kurzwelligere Lichtquellen für die Mikrochip-Lithographie eingesetzt. Während für viele marktübliche Mikrochips noch eine Wellenlänge von 193 bis 365 Nanometer zum Einsatz kommt, werden für Hochleistungs-Chips (zum Beispiel für Grafikkarten oder Highend- Smartphones) bereits 13,5 Nanometer eingesetzt. Mit 13,5 Nanometern befinden wir uns im Bereich der für das menschliche Auge unsichtbaren Extrem Ultravioletten Strahlung – daher der Name EUV-Lithographie. Diese Technologie steigert die Transistordichte im Vergleich zu derzeitigen Mikrochips enorm. Denn die so entstehenden Leiterbahnen sind nur noch wenige Nanometer breit. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar ist ungefähr 70.000 Nanometer breit.
Hart an physikalischen Grenzen
Der Einsatz von EUV-Licht erfordert einen immensen technischen Aufwand – von der Lichtquelle über die gesamte eingesetzte Optik bis hin zur Mechatronik. Das EUV-Licht entsteht innerhalb einer weltweit einzigartigen Lichtquelle. Dabei wird im Vakuum ein winziger Tropfen aus Zinn von einem Laserstrahl getroffen, wodurch dieser aufquillt. Nach diesem sogenannten Vorpuls verwandelt der darauffolgenden Hauptpuls das Zinn in ein 200.000 °C heißes Plasma – das ist fast vierzigmal heißer als die Oberfläche der Sonne. Das so gezündete Zinnplasma gibt daraufhin die gewünschte EUV-Strahlung ab – dieser Vorgang wird 50.000-mal in der Sekunde wiederholt. Der dafür eingesetzte Laser ist der stärkste gepulste Industrielaser der Welt – zehnmal stärker als alle derzeit verfügbaren Systeme, die zum Stahlschneiden verwendet werden.
EUV-Technologie in der Halbleiterindustrie
Hochpräzisionsoptik mit zwei Funktionsmodulen
Ohne Luft und Glas
Weil EUV-Strahlung von Luft und Glas absorbiert wird, hat ZEISS speziell für die EUV-Lithographie ein optisches System konstruiert, das im Vakuum arbeitet und nur Spiegel einsetzt. Das Gesamtsystem ist rund eineinhalb Meter hoch, wiegt etwa 3,5 Tonnen und besteht aus mehr als 35.000 Einzelteilen. Die Hochpräzisionsoptik ermöglicht eine nahezu perfekte Abbildung und ist in zwei Funktionsmodule geteilt: in das Beleuchtungssystem und in die Projektionsoptik. Das Beleuchtungssystem hat die Aufgabe, die Maske möglichst gleichförmig aus einstellbaren Richtungen auszuleuchten. Dazu sammelt ein großer Spiegel (der sogenannte Kollektor) das vom Zinnplasma emittierte EUV-Licht und formt es über die nächsten Spiegel in einem Strahlengang passgenau für die Maske. Mit der Projektionsoptik werden die extrem kleinen Maskenstrukturen über weitere Spiegel präzise auf den mit Photolack beschichteten Wafer projiziert. Am Ende entstehen so Milliarden einzelner Transistoren auf der Größe einer Fingerkuppe.
Die optischen und mechatronischen Anforderungen an dieses System sind enorm. Es arbeitet so genau, dass es von der Erde aus zielgenau einen Golfball auf dem Mond anpeilen könnte. Die Spiegel sind Meisterwerke der Optik: Würde man sie auf die Größe Deutschlands skalieren, wäre die höchste Unebenheit gerade einmal ein zehntel Millimeter hoch. Mit diesen Anforderungen sind das die präzisesten Spiegel der Welt und es dauert Monate, bis ein EUV-Spiegel produziert ist. Eine weitere extreme Anforderung ist, dass die Spiegel möglichst verlustfrei EUV-Licht reflektieren. Dazu dient ein Schichtsystem aus mehr als 100 atomgenauen Einzellagen, die jeweils nur wenige Nanometer dick sind.
Das Herz der EUV-Technologie schlägt in Oberkochen
Das alles klingt kompliziert? Ist es auch. Mark Phillips, Intel Fellow und Director of Lithography, bringt es auf den Punkt: „The EUV scanner is the most technically advanced tool of any kind that has ever been made.” Und in der Tat ist eine ASML EUV-Lithographie-Anlage groß wie ein Schulbus, rund 200 Tonnen schwer und besteht aus Hunderttausenden Einzelteilen. Vor mehr als 25 Jahren begann die Forschung für die heutige EUV-Lithographie. In dieser Zeit wurden mehr als 1.500 ZEISS Patente angemeldet, die auf das Thema EUV einzahlen. Die Markteinführung war ein Riesenerfolg: EUV-Mikrochips sind heute in allen führenden Smartphones verbaut. Mehr noch: leistungsstarke und energieeffiziente EUV-Chips ermöglichen lebensrettende Medizintechnik, unterstützen Autonomes Fahren und sind das Rückgrat von Hochleistungsrechnern, Smart Cities und Künstlicher Intelligenz.
Der Weg zu neuen Ufern führt über schmale Pfade
Zusammen mit unserem strategischen Partner ASML für die Systemarchitektur arbeitet ZEISS bereits an der nächsten EUV-Generation High-NA, die noch leistungsfähigere Mikrochips ermöglicht. Deren Anwendungsbereiche sind aus heutiger Sicht visionär. Was immer auch kommen wird: ZEISS arbeitet daran, die Grenzen des technisch Machbaren weiter zu verschieben.
AutorDr. Frank RohmundPresident ZEISS Semiconductor Manufacturing Optics