Ein perfect Match?
ZEISS als Spezialist für Optiken – unter anderem für Mikroskope und optische Systeme für die Halbleiterfertigung: Auf den ersten Blick ein perfect Match. Auf den zweiten aber auch ein Rollenwechsel. Von der Kunden- auf die Herstellerseite. Von der Wissenschaft in die Industrie. Von der Anwenderin zur Produktmanagerin – zunächst noch ohne direkten Bezug zur Halbleiterfertigung. Die Stelle erforderte eigentlich drei bis fünf Jahre Berufserfahrung als Produktmanagerin. Aber ich durfte alles, was mir an Erfahrung für die Position noch gefehlt hat, „on the job“ auf meiner Entwicklungsstelle lernen. Von Beginn an habe ich Verantwortung übernommen, bin mit auf Messen und Konferenzen gefahren und darf bis heute herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler treffen. Meine Aufgabe ist es, als eine Art Dolmetscherin unsere Kunden und unsere Entwicklerinnen und Entwickler zusammen-, und beiden Seiten die jeweils andere Sichtweise näher zu bringen. In einem kleinen, interdisziplinären Team bin ich mit dafür verantwortlich, Anwendungen auf die Bedürfnisse unserer Kunden anzupassen und für neue Anwendungsfelder in der Halbleiterforschung weiterzuentwickeln. Auf den dritten Blick: eben doch ein perfect Match – bis heute.
91-mal genauer hinsehen
2012 begann meine Reise mit dem ZEISS MultiSEM, dem schnellsten Rasterelektronenmikroskop der Welt. Knapp und vereinfacht gesagt macht das MultiSEM mit 91 parallelen Elektronstrahlen das, für das man sonst eben 91 Rasterelektronenmikroskope bräuchte. Pro Stunde entstehen bis zu 1,5 Terabyte Bilddaten. In dieser Geschwindigkeit und Detailtiefe ist das weltweit einmalig.
So schnell die Datenerfassung mittlerweile auch ist, umso länger dauert aufgrund der schieren Menge die Auswertung. Seit 2014 ist das MultiSEM auf dem Markt – und so langsam gibt es die ersten Veröffentlichungen, die auf der Auswertung von MultiSEM-Daten basieren. Dass wir einen Teil zu diesen neuen Erkenntnissen beitragen konnten, macht auch ein wenig stolz. Den Schritt von der Anwendungs- auf die Entwicklungsseite hatte ich vollzogen. Doch auf Entwicklungsseite ging die Reise weiter.
Ich staune immer wieder über die vielen Ähnlichkeiten zwischen Hirn- und Halbleiterstrukturen.
Nanometerkleine Leiterbahnen ergründen
Doch warum benötigt die Halbleiterindustrie Mikroskope in der Mikrochipproduktion? Im Endeffekt machen Chiphersteller dasselbe wie Neurowissenschaftler: Sie schneiden die Chipstrukturen auf und rekonstruieren sie digital. Die Neurowissenschaft möchte dabei herausfinden, wie das Gehirn aufgebaut ist und wie verschiedene Bereiche miteinander interagieren und funktionieren. In der Halbleiterfertigung weiß man theoretisch schon, wie feinste Transistorenstrukturen auf Mikrochips aufgebaut sind und funktionieren sollten. Hier interessiert also eher die Frage: Sind die Strukturen und Beschaffenheiten dieser nanometerkleinen Leiterbahnen auch alle so, wie sie sein sollten? Mit dem MultiSEM findet man die Antwort auf diese Frage – und hilft Halbleiterherstellern damit, unsere Welt mit leistungsfähigen Mikrochips zu versorgen.