Produktmanagerin Anna-Lena Eberle bei ihrer Arbeit am DemoLab der MultiSEM Technologie

Dr. Anna Lena Eberle ist promovierte Biologin, Science-Fiction-Fan – und beschäftigt sich mit Hirn- und mit Halbleiterstrukturen. Warum sie mit ihrem Lebenslauf bei ZEISS SMT genau richtig ist, schildert sie in diesem Artikel.

Erkennen, was die Welt im Innersten zusammenhält

Dieser Wunsch treibt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an – nicht nur bei ZEISS, sondern auf der ganzen Welt. Eigentlich wäre das auch ein passender Titel für meine Autobiographie – wenn ich denn mal eine schreiben sollte. Ganz typisch ist mein Lebenslauf jedenfalls nicht. Erst habe ich am Max-Planck-Institut an Hirnen geforscht und wirke jetzt mit Hochleistungsmikroskopen an der globalen Halbleiterfertigung mit.

Von Fiction zu Science: Ästhetische Wow-Effekte

Star Trek, Star Wars oder die Romane von William Gibson und Philipp K. Dick: Science-Fiction im Spannungsfeld zwischen Dystopie und Utopie hat mich schon immer fasziniert – vor allem auch die Schnittstelle und Verschmelzung von Mensch und Technologie. Deswegen habe ich Biologie in Tübingen studiert und über die Blutgefäßversorgung im Gehirn promoviert; motiviert durch die Frage „Wie denken wir eigentlich?“. Besonders die Arbeit mit Mikroskopen hat mir an der Universität großen Spaß gemacht. Denn ein Mikroskop eröffnet neue Einblicke. Egal ob man einen Wassertropfen, eine Nervenzelle oder einen Mikrochip betrachtet: In mir löst das einen ästhetischen „Wow-Effekt“ aus und zaubert mir unweigerlich ein Lächeln ins Gesicht. Deshalb war mein Studentenzimmer mit den Kalenderblättern eines gewissen Mikroskopherstellers dekoriert. Ob Einfärben und zum Leuchten bringen oder 3D-Röntgen: Unterschiedlichen Methoden machen unterschiedliche Dinge sichtbar, und mit jedem Schritt kommt man einer Abbildung der Realität näher. Diese – vielleicht auch etwas nerdige – „Technikverliebtheit“ und die Faszination über die Ästhetik des Kleinsten brachten mich zunächst zur Neuroanatomie und ins Kernspinlabor des Max-Planck-Instituts für biologische Kybernetik. Die unsteten Arbeitsverhältnisse in der Wissenschaft ließen mich aber nach Alternativen suchen. Und so lag auf der Suche nach einem passenden Arbeitgeber, bei dem ich meiner Leidenschaft nachgehen kann, eine Bewerbung bei ZEISS als Mikroskophersteller nahe.

Ein Mitarbeitender der ZEISS SMT hält eine Probe im Reinraum in der Hand. Im Hintergrund ist die Technologie der MultiSEM zu sehen.

Ein perfect Match?

ZEISS als Spezialist für Optiken – unter anderem für Mikroskope und optische Systeme für die Halbleiterfertigung: Auf den ersten Blick ein perfect Match. Auf den zweiten aber auch ein Rollenwechsel. Von der Kunden- auf die Herstellerseite. Von der Wissenschaft in die Industrie. Von der Anwenderin zur Produktmanagerin – zunächst noch ohne direkten Bezug zur Halbleiterfertigung. Die Stelle erforderte eigentlich drei bis fünf Jahre Berufserfahrung als Produktmanagerin. Aber ich durfte alles, was mir an Erfahrung für die Position noch gefehlt hat, „on the job“ auf meiner Entwicklungsstelle lernen. Von Beginn an habe ich Verantwortung übernommen, bin mit auf Messen und Konferenzen gefahren und darf bis heute herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler treffen. Meine Aufgabe ist es, als eine Art Dolmetscherin unsere Kunden und unsere Entwicklerinnen und Entwickler zusammen-, und beiden Seiten die jeweils andere Sichtweise näher zu bringen. In einem kleinen, interdisziplinären Team bin ich mit dafür verantwortlich, Anwendungen auf die Bedürfnisse unserer Kunden anzupassen und für neue Anwendungsfelder in der Halbleiterforschung weiterzuentwickeln. Auf den dritten Blick: eben doch ein perfect Match – bis heute.

Zwei Mitarbeitende der ZEISS SMT unterhalten sich vor einem Bildschirm über die Technologie der MultiSEM

91-mal genauer hinsehen

2012 begann meine Reise mit dem ZEISS MultiSEM, dem schnellsten Rasterelektronenmikroskop der Welt. Knapp und vereinfacht gesagt macht das MultiSEM mit 91 parallelen Elektronstrahlen das, für das man sonst eben 91 Rasterelektronenmikroskope bräuchte. Pro Stunde entstehen bis zu 1,5 Terabyte Bilddaten. In dieser Geschwindigkeit und Detailtiefe ist das weltweit einmalig.
So schnell die Datenerfassung mittlerweile auch ist, umso länger dauert aufgrund der schieren Menge die Auswertung. Seit 2014 ist das MultiSEM auf dem Markt – und so langsam gibt es die ersten Veröffentlichungen, die auf der Auswertung von MultiSEM-Daten basieren. Dass wir einen Teil zu diesen neuen Erkenntnissen beitragen konnten, macht auch ein wenig stolz. Den Schritt von der Anwendungs- auf die Entwicklungsseite hatte ich vollzogen. Doch auf Entwicklungsseite ging die Reise weiter.
  

Produktmanagerin Dr. Anna Lena Eberle bei ihrer Arbeit in der Halbleiterentwicklung

Ich staune immer wieder über die vielen Ähnlichkeiten zwischen Hirn- und Halbleiterstrukturen.

Dr. Anna Lena Eberle Produktmanagerin im Field of Business MultiSEM

Von Hirn- zu Halbleiterstrukturen

Analogien und Vergleiche zwischen Mikrochipstrukturen und dem menschlichen Gehirn gibt es viele. Dass das keinesfalls abwegig ist, zeigt sich auch daran, dass man mit unserem MultiSEM sowohl präparierte Gehirnproben als auch Mikrochips untersuchen kann – was auch beides gemacht wird. So kommt es, dass ich als Biologin und Neurowissenschaftlerin nun in der Halbleiterbranche zuhause bin. Weg vom lebenden Gewebe hin zu den nanometergroßen, künstlich hergestellten Chipstrukturen. Ich staune immer wieder über die vielen Ähnlichkeiten, aber auch Unterschiede. Zum Beispiel ist das Gehirn selbst im Vergleich mit den neuesten Hochleistungsprozessoren immer noch um Größenordnungen effizienter, was den Energiebedarf betrifft – und das auch noch bei überlegener Leistungs- und vor allen Dingen Anpassungsfähigkeit. Nicht von ungefähr hat ein signifikanter Teil der einschlägigen Forschungsförderung genau dies zum Ziel: die Aufklärung der Struktur neuronaler Netzwerke, um damit ein Prozessordesign nach dem Vorbild der Natur zu ermöglichen.

In der Halbleiterentwicklung wird mit Proben gearbeitet, um ein möglichst präzises Ergebnis zu generieren.

Nanometerkleine Leiterbahnen ergründen

Doch warum benötigt die Halbleiterindustrie Mikroskope in der Mikrochipproduktion? Im Endeffekt machen Chiphersteller dasselbe wie Neurowissenschaftler: Sie schneiden die Chipstrukturen auf und rekonstruieren sie digital. Die Neurowissenschaft möchte dabei herausfinden, wie das Gehirn aufgebaut ist und wie verschiedene Bereiche miteinander interagieren und funktionieren. In der Halbleiterfertigung weiß man theoretisch schon, wie feinste Transistorenstrukturen auf Mikrochips aufgebaut sind und funktionieren sollten. Hier interessiert also eher die Frage: Sind die Strukturen und Beschaffenheiten dieser nanometerkleinen Leiterbahnen auch alle so, wie sie sein sollten? Mit dem MultiSEM findet man die Antwort auf diese Frage – und hilft Halbleiterherstellern damit, unsere Welt mit leistungsfähigen Mikrochips zu versorgen.

Dorthin gehen, wo noch niemand zuvor war

Von der Wissenschaft in die Halbleiterindustrie. Von Hirn- zu Halbleiterstrukturen. Von der Biologin zur Produktmanagerin. Was die Welt im Innern zusammenhält? Jeden Tag kommen wir der Antwort auf diese Frage ein kleines Stückchen näher – und ich darf daran mitarbeiten. Das ist großartig. Aber wir stoßen auch jeden Tag auf neue Fragen. Für meine Autobiographie ist es eindeutig noch zu früh. Was ich aber auf jeden Fall reinschreiben würde: Es lohnt sich, neugierig zu bleiben, mutig zu sein und vermeintlich vorgegebene (Karriere-)Pfade auch mal zu verlassen – getreu dem Star Trek Motto „to boldly go where no one has gone before“. Und ich bin mir sicher, diese Erfahrung teile ich mit vielen meiner Kolleginnen und Kollegen bei ZEISS SMT.

Produktmanagerin Dr. Anna-Lena Eberle bei ihrer Arbeit am DemoLab der MultiSEM Technologie
Autorin Dr. Anna Lena Eberle Produktmanagerin im Field of Business MultiSEM

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