Wie werden Brillengläser hergestellt?
Ob ZEISS Kunststoffgläser oder mineralische Gläser – alles über die Herstellung von Brillengläsern
Brillengläser sind der wichtigste Bestandteil einer Brille und leisten den größten Beitrag für optimales Sehen. Bis ein Brillenglas jedoch in seiner Fassung sitzt, hat es einen weiten Weg hinter sich gebracht. In diesem Artikel gehen wir den wichtigsten Fragen nach: Wie werden Brillengläser bei ZEISS hergestellt? Woraus bestehen Brillengläser? Und: Inwiefern unterscheiden sich Brillengläser „von der Stange“ und individuell angepasste Brillengläser voneinander?
Der erste Schritt beim Herstellen von Brillengläsern ist natürlich der Besuch im Augenoptikfachgeschäft. Dort wird die Sehstärke gemessen, ein individuelles Sehprofil erstellt, ein dazu passendes Brillenglas ausgewählt und vermessen, wie das Brillenglas in der gewünschten Fassung auf dem Gesicht sitzt. All das sind wichtige Faktoren, die dem Brillenglas-Hersteller übermittelt werden müssen, um ein Brillenglas individuell und optimal herstellen zu können. Doch was passiert danach? Wie entsteht aus dem Ergebnis der Sehanalyse ein modernes, individuelles Brillenglas?
Am Anfang steht immer die Herstellung eines Brillenglas-Rohlings. Hierfür stehen zwei verschiedene Rohstoffe zur Auswahl: Kunststoff (auch bekannt als organisches Glas) oder „echtes“, genannt mineralisches Glas. Diese beiden Rohstoffe bilden die Grundlage für die Herstellung von Brillengläsern.
So werden Brillengläser hergestellt
Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Herstellungsverfahren: Individuell angepasste Präzisions-Brillengläser werden heute von nahezu jedem Brillenglas-Hersteller mit der sogenannten Freiformtechnologie gefertigt. Hierbei handelt es sich um ein modernes, von ZEISS entwickeltes Herstellungsverfahren, das in Lizenz von der gesamten Branche verwendet wird.
Bei Brillengläsern „von der Stange“ hingegen, den sogenannten Lagergläsern, kommt das Gussverfahren zum Einsatz. Der Unterschied zwischen beiden Arten von Brillengläsern: Für einfache, preiswerte Brillen wählt die Augenoptikerin oder der Augenoptiker häufig Lagergläser – etwa für Lesebrillen oder auch wenn schneller Ersatz gefragt ist. Sie werden in großen Stückzahlen hergestellt und nicht in Einzelfertigung wie bei individuellen Brillengläsern. Sie sind im Vergleich zu individuellen Präzisions-Brillengläsern zwar weniger leistungsfähig, aber dennoch einwandfrei geeignet für klassische Maßnahmen zur Sehkorrektur. Bei der Beratung erstellt die Augenoptikerin oder der Augenoptiker ein detailliertes, umfangreiches Sehprofil des Brillentragenden, das als Grundlage für die Herstellung der Brillengläser dient.
In neun Schritten zum individuellen Brillenglas
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1. Berechnung und Vorbereitung
Die Herstellung von Brillengläsern läuft heutzutage weitgehend automatisiert ab. Nachdem die Augenoptikerin oder der Augenoptiker den individuellen Fertigungsauftrag an ZEISS gesendet hat, beginnt der erste Schritt der Produktion: Das individuelle Brillenglas wird berechnet und die notwendigen Daten für die Herstellung der Brillengläser bereitgestellt. Jeder Auftrag in der Fertigung ist mit einem Barcode versehen. Mit seiner Hilfe werden an jeder Station, die zur Bearbeitung des Glases notwendigen individuellen Daten von einem zentralen Server geladen. So entsteht immer ein Glas mit den exakten, von der Optikerin oder dem Optiker gemessenen Werten.
Je nach Auftrag werden die passenden und bereits vorbereiteten Halbfabrikate automatisch im Lager ausgewählt: Das sind die Brillenglas Rohlinge, die auf der Vorderseite bereits optisch fertig sind. Bei der ZEISS Freiformtechnologie werden nur noch die Rückseiten individuell bearbeitet. Die Halbfabrikate – aufgrund ihrer Form auch Pucks genannt – werden automatisch aus dem Lager entnommen und in einer Box abgelegt. Dann beginnt die Reise: Förderbänder transportieren die Box von Station zu Station – bis nach und nach zwei fertige Brillengläser für das rechte und linke Auge entstanden sind.
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2. Blocken
Der nächste Schritt ist das Blocken. Hierbei wird zunächst ein Schutzlack auf die Glasoberfläche aufgetragen und dann das Halbfabrikat mit dem sogenannten „Blockstück“ verbunden. Dieser Vorgang ist erforderlich, um die Gläser in den Maschinen einspannen und bearbeiten zu können.
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3. Formgebung
Im Anschluss folgt die Formgebung, um den Brillengläsern die gewünschte Form und Sehstärke zu verleihen. Bei der ZEISS Freiformtechnologie weist die Vorderseite des Halbfabrikats bereits bei Entnahme aus dem Lager eine korrigierende Wirkung auf. Lediglich die Rückseite muss noch bearbeitet und individuell „in Form gebracht“ werden. Dies geschieht mithilfe eines 5-Achsen-CNC-Verfahrens. Dabei werden die gewünschte Form und die individuelle Sehstärke der Brillengläser in rund 90 Sekunden aus dem Rohling gefräst. Dies erfolgt in drei Arbeitsschritten: Zunächst einmal wird der Puck vorgefräst. Danach erhält er seine grobe Form. Anschließend werden mit einem Naturdiamanten mehrere zehntausend Punkte bearbeitet. Mit dieser Methode können unzählige individuelle Oberflächen gestaltet werden – die sogenannten Freiformen.
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4. Polieren und Signieren
Beim Polieren wird die Fläche der Brillengläser so auspoliert, dass die Oberfläche geglättet, aber optisch nicht mehr verändert wird. Eine perfekte Oberfläche ist wichtig, um moderne Beschichtungen untrennbar mit dem Glas zu verbinden. Die meisten ZEISS Brillengläser erhalten zudem eine spezielle Signatur, diese wird per Laser mit einem nahezu unsichtbaren „Z“ eingraviert. Diese präzise Markierung ist für die Qualitätskontrolle und spätere Aufbringung eines Stempels für das Einschleifen und Zentrieren der Gläser wichtig.
Nun wird das Brillenglas sanft vom Blockstück getrennt („abgeblockt“). Da das Verbindungsmetall zwischen Glas und Blockstück bereits bei knapp 50 Grad Celsius schmilzt, wird es dazu einfach in heißes Wasser getaucht. Bei der anschließenden Reinigung geht es ein wenig zu wie in der Autowaschanlage: Mit Bürsten, verschiedenen Reinigungsmitteln und hochreinem (also besonders gründlich gereinigtem) Wasser werden die Gläser von Produktionsspuren befreit und für die Beschichtung vorbereitet. Am Ende werden die Brillengläser trockengeföhnt. In jedem Werk ist Umweltschutz eine Selbstverständlichkeit: Materialien, wie das Verbindungsmetall, werden aufbereitet und wiederverwendet, benötigtes Wasser umweltschonend recycelt.
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5. Färben
Falls gewünscht, können die Brillengläser jetzt noch gefärbt werden. Bei Kunststoffgläsern geschieht dies mithilfe eines Tauchbades im Färbebecken, bei mineralischen Gläsern werden die Farben in Schichten aus Metalloxiden aufgedampft.
Das Färben von Kunststoffgläsern mit gesundheitlich und umwelttechnisch unbedenklichen Textilfarben erfordert großes Fingerspitzengefühl: Da jedes Glas individuell angefertigt wird und ZEISS Tönungen in jeder gewünschten Farbe anbietet, ist viel Erfahrung notwendig, um immer den „richtigen Ton“ zu treffen.Übrigens: Wussten Sie, dass in der ZEISS Färberei überwiegend Frauen arbeiten? Das ist so, weil Frauen im Vergleich zu Männern über besseres Farbensehen verfügen und so bereits geringe Abweichungen von der Norm extrem gut erkennen können.
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6. Beschichten und Veredeln
Nun kommt der letzte, technologisch anspruchsvollste Schritt in der Brillenglas-Herstellung: die Veredelung mit einer Brillenglas- Beschichtung. Beschichtungen machen das Glas beständig und haltbar, verhelfen unter anderem zu glasklarer Sicht bei Wind und Wetter, wirken Schmutz abweisend, reduzieren störende Lichtreflexe oder bieten funktionale Vorteile, etwa beim Autofahren oder der Bildschirmarbeit. Kunststoffgläser beispielsweise verfügen im Gegensatz zu mineralischen Gläsern über keine ausreichende Kratzfestigkeit. Unerlässlich für ZEISS Kunststoffgläser ist daher immer eine entsprechende Hartschicht gegen Kratzer. Diese wird als Lack im Tauchverfahren auf das Kunststoffglas aufgebracht, härtet es dadurch ab. Je nach Kunststoff und Dicke des Brillenglases kommen unterschiedliche, jeweils speziell angepasste Lacke zum Einsatz. Nach einer Ultraschallreinigung folgt dann die nächste Beschichtung: In Vakuumanlagen werden die reflexmindernden Schichten aufgedampft. Der Plural kommt übrigens nicht von ungefähr: Bis zu neun einzelne Lagen umfasst eine moderne Beschichtung. Die letzte Veredelung verleiht dem Glas schließlich eine extrem glatte Oberfläche, wodurch es besonders Schmutz und Wasser abweisend wird.
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7. Qualitätssicherung
Die Brillengläser sind fast fertig – aber entsprechen sie auch den strengen Qualitätsanforderungen von ZEISS? Um dies zu gewährleisten, wird jedes Brillenglas vor dem Ausliefern gründlich geprüft. Zur Qualitätssicherung gehört die kosmetische Sichtkontrolle (zum Beispiel Staub, Beschädigungen) und die maschinelle Prüfung: Weist jedes Brillenglas auch wirklich die nötigen Spezifikationen auf? Stimmen zum Beispiel Dioptrien, Achse, Zylinder, Dicke, Design und Durchmesser? Ist das Brillenglas makellos, wird im letzten Schritt der sogenannte Stempel aufgedruckt: Dieser gibt die Ausrichtung der Brillengläser vor und hilft der Augenoptikerin oder dem Augenoptiker, sie präzise in die Brillenfassung einzuarbeiten. Dieser Orientierungsstempel wird entfernt, bevor die fertige Brille der Kundin oder dem Kunden übergeben wird.
Erst nachdem alle Qualitätskontrollen erfolgreich durchlaufen sind und sichergestellt ist, dass das Brillenglas wirklich ZEISS Qualität besitzt, wird das Markenzeichen von ZEISS eingraviert – unsere Signatur, unser Qualitätsversprechen in jedem einzelnen Brillenglas. Und für alle, die sich eine einzigartige Kennzeichnung im Brillenglas wünschen: Wer möchte, kann auch seine Initialen in das Brillenglas eingravieren lassen.
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8. Verpacken
Zum Schluss müssen die fertigen Brillengläser noch ins Augenoptikfachgeschäft. Daher werden sie bruchsicher verpackt und an das Augenoptikfachgeschäft versandt. Dort folgt dann der letzte Schritt, bevor die Kundinnen und Kunden die fertige Brille in Empfang nehmen können.
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9. Montage
Die Montage – das sogenannte Einschleifen und Einpassen der Brillengläser in die Brillenfassung – übernimmt dann in den meisten Fällen die Augenoptikerin oder der Augenoptiker, auf Wunsch aber auch ZEISS. Hier ist ebenfalls mikrometergenaue Präzision erforderlich, denn nur optimal angepasste Brillengläser sorgen für eine perfekte Sehkorrektur.
So entstehen Lagergläser und Brillenglas-Rohlinge
Lagergläser und Brillenglas-Rohlinge aus Kunststoff werden im Gussverfahren hergestellt: Hierbei vermengt man die flüssigen Ausgangsstoffe, sogenannte Monomere, mit speziellen Zusätzen, etwa zum Verbessern der UV-Absorption, und füllt sie dann in Gießformen. Anschließend wird das Material ausgehärtet und so bearbeitet, dass sich die Eigenspannung abbaut. Danach ist der Rohling bereits fertig. Soll ein Lagerglas daraus werden, so folgt an dieser Stelle noch das Anbringen der Hartschicht und – falls gewünscht – weitere Veredelungen.
Für mineralische Brillenglas-Rohlinge funktioniert dieser Prozess ein wenig anders: Zunächst werden natürliche Rohstoffe, etwa Quarz, Pottasche, Soda und Oxide, bei 1.400 bis 1.500 Grad Celsius zu einem Glasgemenge geschmolzen. Anschließend presst man dieses zu einem runden Glasblock von einem bis drei Zentimeter Dicke – dem sogenannten Pressling. Im nächsten Schritt wird dessen Vorderfläche bearbeitet: Mit einem Diamant-Schleifwerkzeug erhält sie exakt die vorgegebene Form, durch Polieren die nötige Transparenz. So entsteht ein vorderseitig geschliffener, durchsichtiger Brillenglas-Rohling.
Herstellung von Bifokalgläsern aus Kunststoff und mineralischem Glas
Bifokalgläser, also Brillengläser, die einen Sehbereich für die Nähe und einen für die Ferne aufweisen, können aus mineralischem Glas oder aus Kunststoff hergestellt werden. Die Herstellung unterscheidet sich allerdings grundlegend.
Bei mineralischen Bifokalgläsern wird in der unteren Hälfte ein Zusatzglas in den Brillenglas-Rohling eingearbeitet. Die obere Hälfte besitzt die gleiche Wirkung wie das Grundglas und ermöglicht eine optimale Sicht in die Ferne. Die untere Hälfte („Nahteil“) hat eine stärkere optische Wirkung und ermöglicht die Nahsicht.
Dafür wird zunächst die Rückfläche des Zusatzglases geschliffen und poliert. Anschließend wird es mit der gebogenen Seite in die dafür vorhandene Einbuchtung des Grundglases gelegt. Nun werden beide Gläser verschmolzen und abgeschliffen, bis die Kante nicht mehr sichtbar ist. Danach wird der Bifokalglas-Rohling durch Schleifen und Polieren der Vorder- und Rückfläche weiterverarbeitet, bis das fertige Glas entsteht.
Deutlich weniger aufwendig ist die Herstellung von Bifokalgläsern aus organischem Kunststoff. Denn hier muss kein Zusatzglas eingepasst werden. Stattdessen erreicht man die Wirkung des Nahteils durch eine stärkere Krümmung des Brillenglases im relevanten Sehbereich. Da Kunststoff gegossen wird, reicht es, die Formschale entsprechend zu gestalten. Beim Gießen des Rohlings erhält dieser automatisch die gewünschte Krümmung im oberen und unteren Bereich.
So funktioniert die Herstellung von Gleitsichtgläsern
Maßgeblich für die Entwicklung eines Gleitsichtglases ist der gewünschte Verwendungszweck: Soll das Gleitsichtglas spezielle Sehaufgaben übernehmen, zum Beispiel am Bildschirmarbeitsplatz? Oder steht die alltägliche Verwendung im Mittelpunkt? Eine Vielzahl an Faktoren kommt bei der Berechnung eines Gleitsichtglasdesigns zum Tragen – ähnlich einer Gleichung mit Hunderten von Unbekannten. Dementsprechend komplex ist auch die Produktion: Hierbei überträgt eine spezielle Schleifmaschine das berechnete Glasdesign auf die Brillenglas-Rohlinge.
Bevor ein neues Gleitsichtglasdesign auf den Markt kommt, muss oft jahrelang entwickelt und getestet werden. Das Gleitsichtglasdesign wird wiederholt angepasst und feinjustiert, bis erste Prototypen der Gleitsichtgläser zur Verfügung stehen. Deren Verträglichkeit wird dann von Testpersonen auf Herz und Nieren geprüft. Erst wenn die Testpersonen mit dem entwickelten Glasdesign zufrieden sind, wird es zur Serienproduktion und Vermarktung freigegeben.
Individuelle Anpassung: Brillengläser, so einzigartig wie Sie
Zwar reicht für viele Sehsituationen und Fehlsichtigkeiten auch eine Brille „von der Stange“. Eine perfekt angepasste Brille kann allerdings wesentlich mehr leisten. So findet bei Lagergläsern zwar der Durchblickspunkt beider Augen Berücksichtigung. Der eigentliche Sitz der Brillengläser vor dem Auge – abhängig von der gewählten Brillenfassung – wird beim Anpassen aber nicht mit einbezogen. Dabei gilt: Je genauer bei der Brillenglas-Herstellung beachtet wird, wie ein Brillenträger durch das Brillenglas blickt, desto präziser kann dieses gefertigt werden. Und je exakter und individueller ein Brillenglas ist, umso natürlicher und optimaler sieht man. Dazu muss die Augenoptikerin oder der Augenoptiker neben dem sogenannten Durchblickspunkt viele weitere wichtige individuelle Gesichtsparameter ermitteln – und das auf Zehntelmillimeter genau. Je mehr Faktoren die Augenoptikerin oder der Augenoptiker vom Brillentragenden kennt, desto exakter kann das Brillenglasdesign von ZEISS optimiert werden. Außerdem ist von Vorteil, wenn die Optikerin oder der Optiker ebenfalls mit ZEISS Vermessungsgeräten arbeitet, da auf diese Weise „Übersetzungsfehler“ vermieden werden können.
Sind Fassung, Brillengläser, Sehgewohnheiten und Gesichtsform hingegen nicht perfekt aufeinander abgestimmt, kann sich das Sehen weniger entspannt und natürlich anfühlen. Gerade ältere Brillenträgerinnen und Brillenträger leiden dann darunter, dass ihr Sehen nicht optimal ist und haben dadurch weniger Lebensqualität.
Die ZEISS Freiformtechnologie berücksichtigt eine Vielzahl individueller Daten des Brillentragenden und ermöglicht durch aufwändige mathematische Berechnungen, Präzisions-Brillengläser genauso zu fertigen und anzupassen, dass der Brillentragende in Verbindung mit der gewählten Brillenfassung optimal sehen kann. So erreicht man auch bei Gleitsichtgläsern größtmögliche und scharfe Sehbereiche für die unterschiedlichen Distanzen sowie eine hohe Spontanverträglichkeit. Je komplexer und spezieller die Sehsituation, desto größer fällt auch der Unterschied aus zwischen individuell angepassten Brillengläsern und Standard-Brillengläsern.