Das Softwaregeschäft hat eine ganz eigene Charakteristik und eigene Anforderungen…

… sagt Dr. Carsten Albrecht, Leiter Global Sales Digital Solutions, ZOOM MED im Interview. Wir sprachen mit ihm über Beispiele und Vorteile des globalen Denkens und lokalen Handelns hierbei. Carsten Albrecht ist im April 2021 in diese Funktion gewechselt und arbeitet unter anderem daran, mit den Sales und Service Centern (SSC) weltweit die digitalen Lösungen von ZEISS vor allem im Bereich der Augenheilkunde zu vermarkten und damit das Lösungsgeschäft voranzutreiben.

Carsten, wie können wir generell mit digitalen Daten-managementlösungen - wie FORUM beispielsweise - Märkte gestalten?

Wir als ZEISS können es zur Selbstverständlichkeit machen, dass Rohdaten der Augen-Untersuchungen zentral gespeichert werden und dass digitale Sicherung der Untersuchungsdaten nicht die Ablage von pdf-Reports im Patientenaktensystem bedeutet. Die Kunden und Kundinnen haben den Vorteil, dass die Analyse des zeitlichen Verlauf (sogenannte Progression) dynamisch erfolgt und sobald wir neue und bessere Analysen anbieten können, haben sie einen direkten Vergleich mit den historischen Daten des Patienten oder der Patientin. Dazu haben wir gute Voraussetzungen, weil wir mit der ZEISS FORUM Software Vorreiter waren und diese in vielen Märkten gut etabliert ist. Wir haben mit ca. 8000 Installationen in etwa 100 Ländern die größte installierte Basis in diesem Bereich. Allerdings hat uns der Wettbewerb auf- und eingeholt: so bietet die Firma Topcon bereits eine vollumfängliche Cloud-basierte Datenmanagementlösung Topcon Harmony parallel zu ihrem Server-basierten Produkt ImageNet an. Das spiegelt sich auch in den Umsatzzahlen des Softwaregeschäfts von Topcon wider. Zudem haben auch die Anbieter von Patientenaktensystemen ihr Angebot erweitert – viele davon machen sich den DICOM-Standard (Datei- und Kommunikationsstandard für Medizindaten) zunutze und bieten umfangreiche Geräteintegrationen an. Wir als ZEISS können uns auf unser breites Produktportfolio stützen, das insbesondere im Monitoring chronischer Erkrankungen (Glaukom und AMD) und in der Verbindung von Diagnostik mit der Operation (Katarakt und Hornhautchirurgie) einen großen Mehrwert bietet. Das kann in der Form kein anderer Gerätehersteller bieten, sodass wir damit unseren Kund*innen von unserer Lösung überzeugen können und wieder den Markt gestalten.

ZEISS FORUM
ZEISS FORUM

Welche regionalen Unterschiede gibt es im Digital-Bereich? Welche Erfahrungen hast Du gemacht?

Mögliche regionale Unterschiede ergeben sich daraus, wie stark die Digitalisierung im Gesundheitswesen bereits im jeweiligen Land verankert und wie das Gesundheitssystems strukturiert ist. Vergleichen wir doch mal die USA mit China und Europa. Die USA ist ein Markt, in dem ein hoher Grad an Arbeitsteilung und Spezialisierung vorherrscht. Der Fokus liegt darauf, die Effizienz aller Beteiligten zu optimieren und damit auch die gesamte Wertschöpfungskette. Das macht die Zusammenarbeit und Vernetzung der Partner im Gesundheitswesen sehr wichtig. An Schnittstellen soll die gewonnene Effizienz nicht verloren gehen. Zudem haben die USA schon früh auf das Thema Digitalisierung gesetzt, sodass der Wert einer Softwarelösung, die weitere Effizienz hebt, gesehen wird. Wenn beispielsweise eine Softwarelösung dazu führt, dass auch nur eine Minute pro Patient*innenbesuch eingespart wird und damit eine Person vom ärztlichen Fachpersonal am Tag mehr behandelt werden kann, dann ist in den USA eine entsprechende Kaufbereitschaft vorhanden.

Das führt andererseits auch dazu, dass der Kundenanspruch sehr hoch ist und Startzeiten der Software etwa, die länger dauern als bei Consumer-Produkten, nicht akzeptiert und toleriert werden. In China hingegen ist die Bereitschaft „nur“ für Software zu zahlen, sehr gering. Unsere Kolleg*innen vor Ort sind deshalb den Weg gegangen, unsere FORUM Office PC-Lösung (Server-PC mit der FORUM-Software vorinstalliert) sehr stark zu vertreiben. Damit sind sie sehr erfolgreich. Das chinesische Team hat die mit Abstand höchste Stückzahl für die FORUM Office Lösung und sich so ein starkes FORUM Geschäft aufgebaut. In Europa beobachten wir eine sehr heterogene Struktur und es kommt sehr stark auf den lokalen Markt an. So ist Großbritannien und Skandinavien etwa durch das Optometristen-Segment geprägt, während Spanien und die Niederlande einen sehr starken Sektor im Klinik- und Krankenhausbereich haben und Deutschland noch – trotz aller bereits stattfindender Konsolidierung – einen sehr großen niedergelassenen Bereich von Einzelarztpraxen hat.

All diese Faktoren prägen das Softwaregeschäft in den Ländern und führen dazu, dass Chancen, die sich regional ergeben, unterschiedlich sind.

Werden wir mit zukünftigen Cloud-Lösungen unabhängiger von regionalen Besonderheiten?

Das lässt sich so pauschal nicht sagen. Mit einer Cloud-Lösung bieten wir unserer Kunden und Kundinnen einen zusätzlichen Mehrwert, weil sie sich nur noch um die Anbindung ins öffentliche Internet kümmern müssen. Den Rest übernehmen wir, also etwa den Betrieb und die Sicherung der Softwarelösung. Die Cloud-Lösung hat darüber hinaus weitere Vorteile. Sie ermöglicht etwa den Austausch von Daten mit anderen Beteiligten im Gesundheitswesen zur Versorgung eines Patienten oder einer Patientin oder zur Einholung einer Fachmeinung. Zudem ermöglicht sie die Zugriffe auf Daten weitestgehend unabhängig von Ort und Zeit. Darüber hinaus bieten Cloud-Lösungen perspektivisch die Möglichkeiten der Verknüpfung und damit Nutzung von Algorithmen verschiedener Anbieter und des Vergleichs der eigenen Daten mit Daten Dritter (in anonymisierter Form). Doch der Betrieb der Cloud geht mit Anforderungen an Datensicherheit, Zugriffsberechtigungen und Datenschutz einher. Viele dieser Anforderungen sind lokalen gesetzlichen Regelungen unterworfen, die sich stark unterscheiden können. Und selbst innerhalb von harmonierten Regionen wie der Europäischen Union haben Einzelstaaten zusätzliche Regelungen getroffen, die wir als Unternehmen dann erfüllen müssen. So hat in Europa beispielsweise Frankreich die höchsten Anforderungen. Das wird es voraussichtlich notwendig machen, einen eigenen Server für die Cloud in Frankreich zu betreiben. Und auch die entsprechenden Regelungen und Gesetze für die Behandlung von Gesundheitsdaten in den jeweiligen Ländern müssen berücksichtigt werden. Auch diese können sich sehr stark regional unterscheiden. So ist die reine Speicherung medizinischer Untersuchungsdaten in den USA beispielsweise nicht als Medizinprodukt deklariert, in anderen Ländern aber möglicherwiese schon.

Vielen Dank Carsten, für das informative Gespräch.

Coming soon ZEISS FORUM Cloud Viewer
Demnächst ZEISS FORUM Cloud Viewer

Auch bei Cloud-basierten Lösungen haben wir regionale Besonderheiten zu beachten, die eine zusätzliche Komplexität für uns mit sich bringen.

1EHR=electronic health record / EMR=electronic medical record