Nur zur internen Verwendung

Jan Willem de Cler

Vorstandsmitglied bei Carl Zeiss Meditec

Gertrud Roth

Leitung Learning Management MED

Dirk Mühlhoff

Leitung Geschäftsfeld Refraktive Laser

Dr. Michelangelo Masini

Leitung Innovation am Standort MED Oberkochen und Visualization


„Langfristig hat mir im Lockdown der persönliche Kontakt gefehlt…“

.. sagte Jan Willem de Cler, Vorstandsmitglied der Carl Zeiss Meditec, im Roundtable-Gespräch für die ZOOM MED. Er sprach mit Gertrud Roth, Leiterin Learning Management MED, Dirk Mühlhoff, Leiter Business Sector Refractive Lasers, und Michelangelo Masini, Entwicklungsleiter MED Oberkochen und Visualization, über die Auswirkungen der Pandemie auf unseren Arbeitsalltag.

Das Interview wurde am 23. September 2020 geführt.

Wie sind eure Teams mit der Krise umgegangen?

Gertrud Roth: Ich finde sehr gut. Ich habe ein engagiertes, agiles und sehr verantwortungsvolles Team erlebt. Wir haben schon vor der Pandemie angefangen, unsere gesamten Schulungseinheiten zu digitalisieren, damit wir auch die Mitarbeiter im Feld besser erreichen. Als der Lockdown in Deutschland quasi über Nacht kam, beschleunigten wir diese Initiative, ebenfalls fast über Nacht. Das Team war sehr motiviert und hat den Balanceakt gut geschafft, denn durch die Kurzarbeit waren wir dann ja zeitlich doch recht eingeschränkt. 

Michelangelo Masini: Vielen Dank auch an das Innovationsteam, ihr habt super mitgemacht. In dieser Notfallsituation sind alle zusammengerückt, haben angepackt und sehr schnell die notwendigen Maßnahmen umgesetzt. Zunächst haben wir auch eine Effizienzsteigerung beobachtet, da sich jeder Entwickler erstmal stark auf die Einzelarbeit fokussierte und viele offene Themen erledigen konnte, die sonst durch Meetings unterbrochen wurden. Schwieriger war die Situation für die Abteilungen, die an der Hardware arbeiten oder auch sehr eng mit Operations zusammenarbeiten, beziehungsweise auch für Arbeiten, die kreative Teamleistung erfordert. Da war die Situation aufgrund der räumlichen Distanz erschwert. Die gute IT-Infrastruktur hat etwas geholfen, diese zu überwinden.

Dirk Mühlhoff: Ja, die Teams sind sehr unaufgeregt mit der Situation umgegangen. Trotz Gruppentrennungen, mobiles Arbeiten, Betriebsruhe und Kurzarbeit. Das verdient Anerkennung. Ich möchte zwei Gruppen spezifisch ein Lob aussprechen: Dem IT-Bereich und den Gleitzeitbeauftragten. Hut ab, wie die IT sehr kurzfristig Kollegen etwa mit Laptops ausgestattet hat, und wie die Gleitzeitbeauftragten die ganzen organisatorischen Aspekte gelöst haben.

Durch die Krise haben wir eine stärkere Teambindung aufgebaut, dazu tragen auch die Einblicke in das persönliche Umfeld bei, die nun aufgrund der Videoteams-Calls gegeben wurden. Und überhaupt ist es normal geworden, die Kamera einzuschalten. Das hat die Qualität der Kommunikation verbessert. Ein positiver Effekt.

Jan Willem de Cler: Dem stimme ich zu. Ich habe auch das Gefühl, dass wir aufgrund der Videocalls einander viel besser zuhören. Die Pandemie hat das digitale Arbeiten bei ZEISS enorm beschleunigt. Geholfen hat uns dabei aber auch, dass wir einander schon lange kennen, also eine persönliche Basis hatten. So fiel die Umstellung auf mobiles Arbeiten leichter. Langfristig hat mir im Lockdown dann aber der persönliche Kontakt enorm gefehlt und ich war froh, als wir wieder zurück an die Standorte kommen konnten. Einen großen Dank möchte ich auch dem Produktionsteam aussprechen, das auch während des Lockdowns weiterhin produzierte. So konnten wir unsere Kunden beliefern und deren Patienten versorgen.

Wie war es denn für euch und eure Teams, wieder zurück ins Büro zu kommen? Hat das die Produktivität gesteigert?

Dirk Mühlhoff: Ja, auf alle Fälle. Auch, weil wir somit wieder in die Labore gehen konnten. Ein gewisser Teil der Tätigkeit ist ja nicht nur am Computer, sondern auch mit Hardware verbunden. Diese Arbeit hatte enorm gelitten während des Lockdowns. Die Rückkehr ins Büro und die Aufhebung der Kurzarbeit, das hat richtig Energie freigesetzt. Und ich glaube, es hat sich auch gezeigt, dass ein rein virtuelles Arbeiten nicht die Lösung ist.

Gertrud Roth: Das Zurückkommen wurde sehr begrüßt –weil so ein persönlicher Kontakt und Austausch über die Abteilung und Sachthemen hinaus wieder möglich wurde. Jetzt wird auch mal wieder gescherzt und gelacht, das kommt bei den virtuellen Besprechungen einfach zu kurz. Diese emotionalen Momente sind für uns alle wichtig. Sie steigern die Zufriedenheit und haben letztendlich auch einen positiven Einfluss auf die Produktivität. Das rein virtuelle Arbeiten hatte auch andere Anforderungen an uns Führungskräfte gestellt, wir mussten expliziter kommunizieren, die Aufgaben klarer verteilen.

Jan Willem de Cler: Guter Punkt. Ein remote arbeitendes Team braucht einen ganz anderen Führungsstil.

Michelangelo Masini: Ja, der aber auch dann nützlich ist, wenn wir vor Ort zusammenarbeiten.

Gertrud Roth: Absolut, wir sollten nicht wieder in alte Muster fallen.

Jan Willem de Cler: Führungskräfte sollten klare Ziele formulieren und die Schritte zur Erreichung des Zieles gemeinsam mit dem Team vereinbaren, sodass der Fokus auf dem Output, also dem Ergebnis liegt und nicht auf „Anwesenheit“. Ob die Teammitglieder ihren Teil nun am Morgen, am Abend oder am Nachmittag erarbeiten, das wird weniger wichtig. Verantwortungsbewusste Mitarbeiter bekommen so mehr Freiräume zu „Act“, Führungskräfte müssen sie mehr „Empowern“.

Michelangelo Masini: Ich möchte an Dirks Eindruck anknüpfen –ich habe auch eine Erleichterung empfunden, als wir wieder ins Büro zurückkehren konnten. Das hat sich jetzt wieder etwas gelegt, da die Platzsituation durch die Abstandsregeln noch kritischer geworden ist. Und wenn dann noch viele telefonieren, dann kann das anstrengend sein. Da haben wir noch nicht die finale Lösung, wie wir das am besten machen.

Wie wird das „neue Arbeiten“ eurer Meinung nach aussehen?

Jan Willem de Cler: Ich erwarte eine Kombination aus virtuellem Arbeiten mit Arbeiten im Büro. Das erscheint mir am sinnvollsten, um als Unternehmen die Kundenversprechen zu erfüllen. Ein Extrem in die eine oder andere Richtung erscheint mir nicht zielführend.

Dirk Mühlhoff: Ich hoffe, dass wir gewisse Dinge beibehalten werden, Videocalls statt einfach nur Audio-Telefonate etwa. Da ich vermute, dass die Reisebeschränkungen noch sehr lange anhalten werden, werden wir sicherlich auch weiterhin gerade Trainings für den Service oder die Applikation voll remote durchführen. Etwas, was sich vorher keiner vorzustellen wagte, wird jetzt einfach zur Notwendigkeit.

Jan Willem de Cler: Dem stimme ich zu. Ich glaube, dass dadurch, dass keine rein physischen Meetings an einem Standort stattfinden müssen, sich auch kulturell etwas geändert hat. Wir beziehen mehr Personen ein, werden „inklusiver“. Das hilft uns in der internationalen Zusammenarbeit, aber es spart auch viel Zeit, Geld und Energie.

Dirk Mühlhoff: … und führt zu einer Entschleunigung. Aber nicht in dem Sinne, dass wir Däumchen drehen, sondern dass ein gleichmäßigerer Arbeitsrhythmus stattfindet, der letztendlich zu mehr Produktivität führt. Wobei ich noch das ein oder andere Feature auf meiner technologischen Wunschliste hätte… [lacht]

Gertrud Roth: Ich finde auch, dass sich der internationale Austausch sehr verbessert hat. Weltweit ziehen wir an einem Strang, es geht um die Kunden und wie wir ihnen helfen können. Ich habe da eine Beschleunigung festgestellt, vielleicht wird die durch die Entschleunigung gewonnene Zeit jetzt weiterhin für solche Dinge vermehrt eingesetzt?

Michelangelo Masini: Wir werden meiner Meinung nach zukünftig auch viel stärker Onlineschulungen und virtuelle Tools nutzen. Ohne das elektronische Dokumentenmanagementsystem wären wir beispielsweise überhaupt nicht in der Lage gewesen, die Dokumentenfreigaben elektronisch zu machen. Wir haben ja versucht, alle Projekte am Laufen zu halten.
 

Habt ihr einen besonderen Moment aus der Corona-Zeit?

Dirk Mühlhoff: Ich werde nie unser erstes virtuelles User Meeting vergessen. Bislang fand es immer physisch statt und war Highlight des gesamten Jahres. Es nun virtuell mit großer Beteiligung durchführen zu können, das fand ich klasse. Die Organisation war auch eine besondere Teamaufgabe.

Gertrud Roth: Wir hatten gar nicht mit solch einer positiven Resonanz der weltweiten Teilnehmer unserer Trainings gerechnet. Das hat mein Team schon begeistert und sie haben spielerisch gewetteifert, welches Thema am meisten nachgefragt ist. Das hat einen positiven Zusammenhalt in der Gruppe geschaffen.

Michelangelo Masini: Wir hatten kürzlich das Projekt Kick-off für die nächste KINEVO Generation. Wir haben lange gerätselt, wie wir das umsetzen könnten. Letztendlich haben wir dann ein Vor-Ort-Meeting gemacht und den großen ZEISS Saal gebucht. Da saß dann jeder mit über zwei Meter Abstand zueinander. Das war schon eine surreale Situation, 20 Leute auf einer Riesenfläche. Und trotzdem war es ein unglaubliches Teamgefühl und ein toller Zusammenhalt.

Sind wir als Team durch die nun gemachten Erfahrungen besser auf zukünftige Krisen vorbereitet?

Jan Willem de Cler: Glücklicherweise hatten wir schon basierend auf unserer Einschätzung, dass unsere Welt unvorhersehbarer wird (Stichwort: VUCA), vor fast zwei Jahren ein Resilienz Programm eingeführt. Lange bevor wir von Corona zum ersten Mal hörten. Das war mehr auf wirtschaftliche Krisen ausgerichtet, aber hat uns geholfen, als die aktuelle Pandemie losging. Das Team hat sich absolut bewährt in dieser Krisenzeit, und doch nehme ich eine gewisse Corona-Müdigkeit mittlerweile wahr. Da müssen wir aufpassen, leider ist das Virus nicht weg und es gibt noch keine Impfung. Wir müssen weiterhin diszipliniert und umsichtig agieren, sodass wir in guten und in schweren Zeiten erfolgreich bleiben.

Vielen Dank für das Gespräch.